Sonntag, 8. Juli 2007
Erste Erkenntnisse
chriss_am_weg, 23:06h
Als ich die ersten Tage wieder zu Hause war, kam immer Mal wieder die Frage nach den Erkenntnissen, die ich gesammelt habe.
Ich habe immer geantwortet, dass es nicht so schnell geht. Das ich einiges erlebt habe, aber dass es noch Zeit braucht sich zu setzen.
Wenn ich jetzt mal so meine Erkenntnisse versuche einzusammeln dann möchte ich hinzufügen, dass das alles noch sehr frisch ist. Und noch nicht fertig ist und sein kann. Es kommt langsam und dosiert. Wie es wohl am besten für einem ist.
Dabei fällt mir ein, dass Kerkeling den Weg auch 2001 schon gelaufen ist und soweit ich weiß jetzt 2006 erst das Buch rausgebracht hat. Das nebenbei.
Also nun die Erkenntnisse:
* Alles ist gut, so wie es ist.
Erwähnte ich bereits. Und in einem Moment des Weges war es so. Es war alles ganz klar. Es war alles so gut wie es war. Ich durchblickte scheinbar für einen Moment "das alles". Es war vom Herzen her stimmig. Später war es wieder weg. Und nun kann ich wieder nur erahnen, dass es so stimmt.
Aber in diesem einen Moment war es da....
* Die Schmerzen vergißt man schnell.
Ein körperlicher Aspekt. Ja, die Quälerei des Tages ist am Abend schnell vergessen und die Ruhe genießt man dann wohl auch mehr.
Ein weiblicher Kommentar dazu: "Das ist wohl wie bei der Geburt." Ja.... könnte sein ;)
Außerdem war ich immer wieder verblüfft wie schnell sich der Körper wieder erholt. Das hat mich wirklich beeindruckt.
...
Ich will hier erstmal aufhören. Ich denke ich schreibe hier weiter die nächsten Tage. Immer Mal wie es mir in den Sinn kommt und wie sich neue Erkenntnisse in mein Bewußtsein einweben.
Ich habe immer geantwortet, dass es nicht so schnell geht. Das ich einiges erlebt habe, aber dass es noch Zeit braucht sich zu setzen.
Wenn ich jetzt mal so meine Erkenntnisse versuche einzusammeln dann möchte ich hinzufügen, dass das alles noch sehr frisch ist. Und noch nicht fertig ist und sein kann. Es kommt langsam und dosiert. Wie es wohl am besten für einem ist.
Dabei fällt mir ein, dass Kerkeling den Weg auch 2001 schon gelaufen ist und soweit ich weiß jetzt 2006 erst das Buch rausgebracht hat. Das nebenbei.
Also nun die Erkenntnisse:
* Alles ist gut, so wie es ist.
Erwähnte ich bereits. Und in einem Moment des Weges war es so. Es war alles ganz klar. Es war alles so gut wie es war. Ich durchblickte scheinbar für einen Moment "das alles". Es war vom Herzen her stimmig. Später war es wieder weg. Und nun kann ich wieder nur erahnen, dass es so stimmt.
Aber in diesem einen Moment war es da....
* Die Schmerzen vergißt man schnell.
Ein körperlicher Aspekt. Ja, die Quälerei des Tages ist am Abend schnell vergessen und die Ruhe genießt man dann wohl auch mehr.
Ein weiblicher Kommentar dazu: "Das ist wohl wie bei der Geburt." Ja.... könnte sein ;)
Außerdem war ich immer wieder verblüfft wie schnell sich der Körper wieder erholt. Das hat mich wirklich beeindruckt.
...
Ich will hier erstmal aufhören. Ich denke ich schreibe hier weiter die nächsten Tage. Immer Mal wie es mir in den Sinn kommt und wie sich neue Erkenntnisse in mein Bewußtsein einweben.
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Mittwoch, 4. Juli 2007
Tag5-Fr.: Engetried - Bad Grönenbach
chriss_am_weg, 21:33h
Es ist kurz nach 7:00 Uhr als ich völlig entspannt aufwache. So spät wollte ich eigentlich nicht los. Egal.
Der letzte Tag. Ich glaube ich werde den ganzen Tag das „Champs Elysee“-Lied singen. An die Radprofis bei der Tour de Francs denken, die den letzten Tag ganz locker ausklingen lassen und nicht mehr groß angreifen.
Bin gestern von der 2-Socken-Strategie auf die 1-Socken-Strategie umgestiegen und bleibe heute auch dabei. Keine Ahnung was besser ist. Oder ob man dort oder dort besser vor Blasen geschützt ist. Die fünf aufgestochenen Blasen von gestern Abend sind gut verheilt.
Ich packe, gehe frühstücken, unterhalte mich gut mit dem Wirt über Wanderungen und verlasse gegen 8:20 Uhr das Haus. 400m weiter am Ortsschild fängt es an zu regnen. Ich überlege kurz, wäge wieder ab und kehre schließlich um.
Wieder beim Wirt angelangt spendiert dieser mir einen weiteren Kaffee und gibt mir die Memminger Zeitung zu lesen. Eine Frau kommt dazu. Ich weiß nicht ob es seine ist. Wir unterhalten uns sehr nett.
Um 9:20 Uhr wird es hell und der Regen hört auf. Ich verabschiede mich ein zweites Mal und ziehe los. Es geht gleich steil bergauf. Der Wirt hatte mir erklärt wie ich wieder auf den Jakobsweg komme. „Du gehst hoch über Ehheim, dann bist du wieder drauf.“ Ich denke mir: Gut, ich will eh heim! ;)
Nach einer halben Stunde fängt es wieder an zu regnen. Besserung auch überhaupt nicht in Sicht. Er regnet sich ein. Wenigstens kommt jetzt auch mal mein neues Regencape zum Einsatz. Hoffe der Rucksack ist dicht.
Ich muss genau planen, was wohin kommt. Foto wasserdicht, Laufplan wasserdicht. An drei Weiden mit Kühen bleibe ich stehen, weil sie mich spontan alle ankucken. Nach dem Motto: „Was machst du denn bei dem Wetter hier?“, drehen sich alle nach mir um. Ich knipse drei schöne Bilder, lösche später aber wieder zwei, weil ich Platz auf meinem internen Speicher brauche und immer noch keine Speicherkarte gefunden habe.
Ich laufe und laufe. Und es regnet und regnet. Endlos.
Ich will auf die Uhr schauen, da merke ich, dass ich keine mehr habe. Irgendwo verloren gegangen in den letzten beiden Tagen. Egal. Werbegeschenk vom Vater. Hat mir nützliche Dienste erwiesen, aber den einen Tag komme ich jetzt auch ohne klar.
Aus dem Nichts wiedermal kommt plötzlich eine Bushaltestelle. Pures Glück! Ich kann kurz durchschnaufen und feststellen, dass der Rucksack wirklich dicht ist. Scheint so. Kann aber passieren, dass seitlich was reinläuft. Ich muss aufpassen.
Sowieso immer aufpassen. Man muss den ganzen Weg ständig alles bedenken. Sonst bekommt man am Abend die Quittung. Und abends will ich doch entspannen und Füße hochlegen. Da nervt alles andere nur, was man zusätzlich macht.
Gut. Es geht weiter. Regen, Regen, Regen. Laufen, Laufen, Laufen. Der Plan wird langsam nass und unleserlich. Nach 2 Stunden erreiche ich Ottobeuren. Ein größerer Ort. Alle möglichen Geschäfte: Bäcker, Döner, Gastwirtschaften, Rathaus… Ich komme zurück in die Zivilisation. Freude. Wo gab´s das alles zuletzt?
Oh, es hat aufgehört zu regnen. Hatte ich gar nicht bemerkt. Ich fotografiere vom schönen Dorfplatz aus die wunderschöne Basilika und gehe anschließend hinein. Bei einer Führung kann ich ein wenig mithören. Wahnsinnig schöne, aufwendige Kirche.
Ich verlasse sie nach einer halben Stunde und es regnet wieder heftig. Mist!
Am letzten Tag finde ich jetzt endlich ein Fotogeschäft, dass mir eine Speicherkarte für meinen Foto verkaufen will. Ich fasse es nicht. Endlich!
Der Preis stimmt allerdings nicht. Bin halt im Fotogeschäft und nicht im Elektroladen. Jetzt ziehe ich es eben ohne Karte durch und lehne dankend ab.
Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher. Auf dem Plan steht nicht mehr viel. 1-2 Sätze ohne km-Angabe. Wenn ich täglich die Mitte des Planes abgearbeitet hatte, konnte ich mich drauf verlassen auch etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt zu haben. So grob zumindest. Jetzt nur noch 1-2 Sätze?!
Und oben steht heute drüber „3h“. Also 3 Stunden Laufzeit?! Sonst war da nie eine Angabe. Was soll das? Habe ich nur noch eine Stunde vor mir? Hatte ja gestern evtl. schon mehr gelaufen zum nächsten Ort und dann jetzt keine großartige Beschreibung mehr?
Ich bin nun 2 Stunden unterwegs. Heißt das ich muss wohl noch eine Stunde, max. zwei Stunden (wohlwollend geschätzt) laufen? Vermutlich.
Ich habe Hunger. Ottobeuren bietet einiges an. Warum nicht nach zwei Tagen mal wieder zu Mittag essen. Warum! Jawoll! Gasthaus. Ich bestelle Tortellini mit Hackfleischsoße. Genau richtig. Nicht zu klein und nicht zu mächtig. Ich merke wie ich völlig durchnässt bin. Meine Regenjacke hängt direkt 2m weiter am Haken.
Was ist das denn??? Da kuckt ein Teil raus, was ich nicht kenne. Ich gehe zur Jacke und schaue. Ach du Schande! Dieses weiße Plastikteil Diebstahlsicherung von Karstadt. Natürlich. Ich erinnere mich wieder wie ich letzte Woche beim Kaufhaus-Verlassen ein Piepen wahrgenommen habe. Ich blieb kurz stehen und dachte es war jemand anders. Au Backe! Das Ding ist aber bezahlt… ehrlich! ;)
Als ich fertig essen bin, frage ich den Wirt noch mal nach dem Weg. Der nimmt mich mit in die Küche um mir einen Plan zu zeigen. Sagt aber schon beim Hinlaufen, dass es noch 12 km sind. „Was?????????“. Ich denke ich höre nicht richtig. Das sind ja dann noch 3 h statt 1h Marsch. Das darf nicht wahr sein. Ich sehe den Plan und glaube ihm.
Der Regen wird stärker. Hilft nichts. Ich will ans Ziel. Dachte auch einen Moment ein anziehendes Gewitter kommen zu hören. Dann aber nur noch kräftiger Schauer. Ich ziehe los. Es regnet durchweg. Ich laufe und laufe. Durch Wälder, auf Landstraßen und Feldwegen. Bin vollkommen durchnässt. Die Schuhe quatschen schon schön. Na ja, der letzte Tag. Wäre ja auch nichts Richtiges, wenn ich ohne Kampf ins Ziel gelange.
Also kommt es auch richtig heftig. Es wird schlammiger und richtig ungemütlich. Der Weg geht wieder in den Wald. Der Durchgang ist gerade so für einen Mann freigeschnitten. Es geht lange durch hohe Bäume, Dickicht und nun auch berauf. Viel glitschiges Holz im Untergrund was den Boden richtig rutschig macht.
Die Radfahrer, die hier lang müssen werden richtig fluchen. Die Armen.
Nach einiger Zeit geht es im Wald wieder auf „normale“ Wege. Schmerzen sind natürlich auch immer da. Ich nähere mich dem Ziel, obwohl ich nicht weiß, wo ich genau bin. Die Jakobsmuschel ist aber immer am Weg. Also kann ich nicht falsch sein.
Erste Gedanken über die Zielankunft und ein mögliches Foto kommen mir in den Sinn. Beider Hände hoch? Weiß nicht so recht… Eine schöne Fototafel für mein Büro. Das wäre wirklich was Feines. Zielgradengedanken eben.
Es geht noch mal berab im Wald. Wenn ich hier raus bin, muss bald ein Ort kommen. Ich lasse mich treiben… berab. Werde schnell und schnell. Jogge jetzt sogar den Berg runter. Nach 200 m liegt ein Baum quer. Ich muss wieder aufhören. Da! Endlich das Waldesende.
Und ein Ort in Sicht. Ich bin ewig gelaufen. Das kann nur Bad Grönenbach sein. Bin mir aber äußerst unsicher. Ich nähere mich gespannt. Kein Mensch auf der Straße. Ich komme in den Ort. Kein Ortsschild. Gleich links die Kirche. Die steuere ich an. Endlich eine Menschenseele. Ein Pärchen belädt sein Auto für einen Urlaub scheinbar. Ich frage sich nicht, ob es Grönenbach ist. Da, ein Geschäft. Klein. Letzte Zeile:… Postleitzahl + Bad Grönenbach. Na also doch!? Wobei die PLZ nicht unbedingt dann auch den Ort wiedergibt. Im gleichen Moment sehe ich die Anzeigentafel vor der Kirche… Gemeinde XY. Also doch nicht!? Ist ja aber nur die Gemeindeangabe…. Dann einzelne Aushänge. 2 x Bad Grönenbach. Na also doch. 1x ein anderer Ort.
Bin noch unsicher. Aber irgendwie bin ich da. Es kann nur so sein. Eine kleine stille unspektakuläre Ankunft. Ja. Irgendwie passt ein wenig. Ich gehe in die Kirche. Habe es geschafft.
Nehme Platz in der Bank und lass alles fallen. Geschafft!!! Ich bin alleine. Das heißt fast. Oben putzt jemand. Ich sitze eine halbe Stunde und bin innerlich still und glücklich. Eine ältere Dame kommt jetzt oben runter und grüßt freundlich.
Ich verlasse nach einer halben Stunde die Kirche. Jetzt noch ein Gasthaus und Zimmer finden, dann ist alles perfekt. Die ganzen Straßen hier sind aufgerissen. Es läuft sich nicht gut. Ich entdecke hier und da Häuser, die Gaststätten sein könnten, aber doch klein sind. Ich laufe weiter. Wird schon noch was kommen. Am Ende des Ortes ist nichts mehr.
Ein Auto kommt. Ich halte es an. „Wo kann ich hier übernachten?“. „Oh, ich glaube bei uns jetzt nirgendswo. Es ist schlecht in unserem Ort.“. Na toll. Musste ja kommen. Neeeeeeeeeeeeeeein! Ich habe es satt!!!
„Wo muss ich hin?“ – „Vielleicht nach Bad Grönenbach.“ – „Waaaasss?“ – „Bin ich nicht hier in Bad Grönenbach?“ – „Hier? Nein, das liegt 5 km entfernt.“
Ich bin sprachlos. Erschöpft und sprachlos.
„Danke“ – „Wir können Sie mitnehmen“ – „Nein, das geht nicht. Danke!“
Ahhhhhhhhhhhhhhhh!.... Hilfe. Ich eiere weiter. Setzte mich noch mal am Dorfausgang wo sich die Straße gabelt. Eine Frau hält mit dem Auto an. Ich frage nach meinem Zielort. Sie sagt, dass sind noch 6 km. Oh Gott. Das wird ja immer mehr. Ich frage jetzt keinen mehr. „Ich kann sie aber ein Stück mitnehmen.“ – „Nein, das geht nicht. Danke.“
Ich laufe los. Begegne noch einer Frau mit kleinem süßen Hund, die mir den sichtbaren Kirchturm von Bad Grönenbach zeigt. Ich versichere mich 4x ob das auch der richtige ist. „Ja“, sie ist sicher. Gut. Dann 1,5 km geradeaus zum nächsten Ort und dann 4 km nach rechts. Der Jakobsweg ist mir schnurzpiepegal! Muscheln sehe ich schon lange nicht mehr.
Sie würde mich auch noch auf einen Kaffee einladen, wenn nicht… „Ja, ja.. schon gut. Danke“ Jetzt bekomme ich aber auch alles angeboten. Aber ich zieh das jetzt durch verdammt. Habe die Schnauze gestrichen voll. Und laufe schmerzverzehrt immer weiter.
Erreiche den nächsten Ort und damit die Biegung nach rechts. Immer die Kirche im Blickfeld. Aber die kommt nicht wirklich schnell entgegen. 4 km geradeaus. Ca. 1 Std. noch! Auf jetzt! Durchziehen! Ich laufe und laufe. Die Kirche gibt nicht nach. Laufen und laufen. Links Burger King! Egal.
Plötzlich rechts noch mal eine Schafherde mit einem kleinen süßen Pony. Ich streichele es kurz. Es will vermutlich noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit. Ich muss jetzt ans Ziel. Es geht langsam weiter. Ich folge nicht. Es scheint tatsächlich beleidigt zu sein. Das darf doch nicht wahr sein. Sowas, aber auch!
Ich brech bald zusammen, will zum Zielort. Ich dreh mich noch mal um und das Pony ist weg. Ein kleiner Ausgang in einen anliegenden Wald hat es wohl verschlungen. Ich drehe mich noch 2x um sehe es aber nicht mehr.
Würde gerne noch mal 5 Minuten Pause machen. Aber es kommt keine Gelegenheit mehr. Ich laufe und laufe und schreie laut. Es ist hart. Doch ich komme an. „Bad Grönenbach“. Ich laufe jetzt noch zur Kirche, berühre die und dann ist Schluss. Basta! Sofort aufs Zimmer und Ende! Füße hoch!
Auch der Weg zur Kirch zieht sich noch mal. Doch ich komme an. Geschafft. Ich berühre die Tür und setzte mich davor auf die Treppe. Geschafft!!!! Pause. 10 Minuten. Ruhe. Stille.
Nach 10 Minuten gehe ich doch rein. Na klar. Muss schon sein. Ich bereue es nicht.
Bin tief in mir….
[Zensur]
Ich verlasse die Kirche nach ca. 30 Minuten und suche ein Zimmer. An der Kurverwaltung sagt man schon Leuten vor mir, dass es schlecht aussieht. Das kann nicht sein! Ich bekomme aber doch ein Bett im Sanatorium.
Ich bin still. Völlig erschöpft. Rette mich noch in die Dusche und ab aufs Bett. Nach zwei Stunden raffe ich mich wieder auf und gehe noch mal in den Ort. Zum einen weil ich noch meine Eltern informieren will, dass ich es geschafft habe, zum anderen, weil ich wie jeden Abend noch mit Genuss mein eines Weizenbier trinken will.
Ich komme zufrieden zurück. Steche wieder die Blasen auf und versuche möglichst wenig das Bett zu verlassen vorm Schlafengehen. Blasen sollte man grundsätzlich zum Schluss ausstechen, wie ich jetzt merke. Das Blut, das da reinschießt löst sehr heftige Schmerzen aus.
Ich schlafe nach kurzer Zeit ein.
Der letzte Tag. Ich glaube ich werde den ganzen Tag das „Champs Elysee“-Lied singen. An die Radprofis bei der Tour de Francs denken, die den letzten Tag ganz locker ausklingen lassen und nicht mehr groß angreifen.
Bin gestern von der 2-Socken-Strategie auf die 1-Socken-Strategie umgestiegen und bleibe heute auch dabei. Keine Ahnung was besser ist. Oder ob man dort oder dort besser vor Blasen geschützt ist. Die fünf aufgestochenen Blasen von gestern Abend sind gut verheilt.
Ich packe, gehe frühstücken, unterhalte mich gut mit dem Wirt über Wanderungen und verlasse gegen 8:20 Uhr das Haus. 400m weiter am Ortsschild fängt es an zu regnen. Ich überlege kurz, wäge wieder ab und kehre schließlich um.
Wieder beim Wirt angelangt spendiert dieser mir einen weiteren Kaffee und gibt mir die Memminger Zeitung zu lesen. Eine Frau kommt dazu. Ich weiß nicht ob es seine ist. Wir unterhalten uns sehr nett.
Um 9:20 Uhr wird es hell und der Regen hört auf. Ich verabschiede mich ein zweites Mal und ziehe los. Es geht gleich steil bergauf. Der Wirt hatte mir erklärt wie ich wieder auf den Jakobsweg komme. „Du gehst hoch über Ehheim, dann bist du wieder drauf.“ Ich denke mir: Gut, ich will eh heim! ;)
Nach einer halben Stunde fängt es wieder an zu regnen. Besserung auch überhaupt nicht in Sicht. Er regnet sich ein. Wenigstens kommt jetzt auch mal mein neues Regencape zum Einsatz. Hoffe der Rucksack ist dicht.
Ich muss genau planen, was wohin kommt. Foto wasserdicht, Laufplan wasserdicht. An drei Weiden mit Kühen bleibe ich stehen, weil sie mich spontan alle ankucken. Nach dem Motto: „Was machst du denn bei dem Wetter hier?“, drehen sich alle nach mir um. Ich knipse drei schöne Bilder, lösche später aber wieder zwei, weil ich Platz auf meinem internen Speicher brauche und immer noch keine Speicherkarte gefunden habe.
Ich laufe und laufe. Und es regnet und regnet. Endlos.
Ich will auf die Uhr schauen, da merke ich, dass ich keine mehr habe. Irgendwo verloren gegangen in den letzten beiden Tagen. Egal. Werbegeschenk vom Vater. Hat mir nützliche Dienste erwiesen, aber den einen Tag komme ich jetzt auch ohne klar.
Aus dem Nichts wiedermal kommt plötzlich eine Bushaltestelle. Pures Glück! Ich kann kurz durchschnaufen und feststellen, dass der Rucksack wirklich dicht ist. Scheint so. Kann aber passieren, dass seitlich was reinläuft. Ich muss aufpassen.
Sowieso immer aufpassen. Man muss den ganzen Weg ständig alles bedenken. Sonst bekommt man am Abend die Quittung. Und abends will ich doch entspannen und Füße hochlegen. Da nervt alles andere nur, was man zusätzlich macht.
Gut. Es geht weiter. Regen, Regen, Regen. Laufen, Laufen, Laufen. Der Plan wird langsam nass und unleserlich. Nach 2 Stunden erreiche ich Ottobeuren. Ein größerer Ort. Alle möglichen Geschäfte: Bäcker, Döner, Gastwirtschaften, Rathaus… Ich komme zurück in die Zivilisation. Freude. Wo gab´s das alles zuletzt?
Oh, es hat aufgehört zu regnen. Hatte ich gar nicht bemerkt. Ich fotografiere vom schönen Dorfplatz aus die wunderschöne Basilika und gehe anschließend hinein. Bei einer Führung kann ich ein wenig mithören. Wahnsinnig schöne, aufwendige Kirche.
Ich verlasse sie nach einer halben Stunde und es regnet wieder heftig. Mist!
Am letzten Tag finde ich jetzt endlich ein Fotogeschäft, dass mir eine Speicherkarte für meinen Foto verkaufen will. Ich fasse es nicht. Endlich!
Der Preis stimmt allerdings nicht. Bin halt im Fotogeschäft und nicht im Elektroladen. Jetzt ziehe ich es eben ohne Karte durch und lehne dankend ab.
Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher. Auf dem Plan steht nicht mehr viel. 1-2 Sätze ohne km-Angabe. Wenn ich täglich die Mitte des Planes abgearbeitet hatte, konnte ich mich drauf verlassen auch etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt zu haben. So grob zumindest. Jetzt nur noch 1-2 Sätze?!
Und oben steht heute drüber „3h“. Also 3 Stunden Laufzeit?! Sonst war da nie eine Angabe. Was soll das? Habe ich nur noch eine Stunde vor mir? Hatte ja gestern evtl. schon mehr gelaufen zum nächsten Ort und dann jetzt keine großartige Beschreibung mehr?
Ich bin nun 2 Stunden unterwegs. Heißt das ich muss wohl noch eine Stunde, max. zwei Stunden (wohlwollend geschätzt) laufen? Vermutlich.
Ich habe Hunger. Ottobeuren bietet einiges an. Warum nicht nach zwei Tagen mal wieder zu Mittag essen. Warum! Jawoll! Gasthaus. Ich bestelle Tortellini mit Hackfleischsoße. Genau richtig. Nicht zu klein und nicht zu mächtig. Ich merke wie ich völlig durchnässt bin. Meine Regenjacke hängt direkt 2m weiter am Haken.
Was ist das denn??? Da kuckt ein Teil raus, was ich nicht kenne. Ich gehe zur Jacke und schaue. Ach du Schande! Dieses weiße Plastikteil Diebstahlsicherung von Karstadt. Natürlich. Ich erinnere mich wieder wie ich letzte Woche beim Kaufhaus-Verlassen ein Piepen wahrgenommen habe. Ich blieb kurz stehen und dachte es war jemand anders. Au Backe! Das Ding ist aber bezahlt… ehrlich! ;)
Als ich fertig essen bin, frage ich den Wirt noch mal nach dem Weg. Der nimmt mich mit in die Küche um mir einen Plan zu zeigen. Sagt aber schon beim Hinlaufen, dass es noch 12 km sind. „Was?????????“. Ich denke ich höre nicht richtig. Das sind ja dann noch 3 h statt 1h Marsch. Das darf nicht wahr sein. Ich sehe den Plan und glaube ihm.
Der Regen wird stärker. Hilft nichts. Ich will ans Ziel. Dachte auch einen Moment ein anziehendes Gewitter kommen zu hören. Dann aber nur noch kräftiger Schauer. Ich ziehe los. Es regnet durchweg. Ich laufe und laufe. Durch Wälder, auf Landstraßen und Feldwegen. Bin vollkommen durchnässt. Die Schuhe quatschen schon schön. Na ja, der letzte Tag. Wäre ja auch nichts Richtiges, wenn ich ohne Kampf ins Ziel gelange.
Also kommt es auch richtig heftig. Es wird schlammiger und richtig ungemütlich. Der Weg geht wieder in den Wald. Der Durchgang ist gerade so für einen Mann freigeschnitten. Es geht lange durch hohe Bäume, Dickicht und nun auch berauf. Viel glitschiges Holz im Untergrund was den Boden richtig rutschig macht.
Die Radfahrer, die hier lang müssen werden richtig fluchen. Die Armen.
Nach einiger Zeit geht es im Wald wieder auf „normale“ Wege. Schmerzen sind natürlich auch immer da. Ich nähere mich dem Ziel, obwohl ich nicht weiß, wo ich genau bin. Die Jakobsmuschel ist aber immer am Weg. Also kann ich nicht falsch sein.
Erste Gedanken über die Zielankunft und ein mögliches Foto kommen mir in den Sinn. Beider Hände hoch? Weiß nicht so recht… Eine schöne Fototafel für mein Büro. Das wäre wirklich was Feines. Zielgradengedanken eben.
Es geht noch mal berab im Wald. Wenn ich hier raus bin, muss bald ein Ort kommen. Ich lasse mich treiben… berab. Werde schnell und schnell. Jogge jetzt sogar den Berg runter. Nach 200 m liegt ein Baum quer. Ich muss wieder aufhören. Da! Endlich das Waldesende.
Und ein Ort in Sicht. Ich bin ewig gelaufen. Das kann nur Bad Grönenbach sein. Bin mir aber äußerst unsicher. Ich nähere mich gespannt. Kein Mensch auf der Straße. Ich komme in den Ort. Kein Ortsschild. Gleich links die Kirche. Die steuere ich an. Endlich eine Menschenseele. Ein Pärchen belädt sein Auto für einen Urlaub scheinbar. Ich frage sich nicht, ob es Grönenbach ist. Da, ein Geschäft. Klein. Letzte Zeile:… Postleitzahl + Bad Grönenbach. Na also doch!? Wobei die PLZ nicht unbedingt dann auch den Ort wiedergibt. Im gleichen Moment sehe ich die Anzeigentafel vor der Kirche… Gemeinde XY. Also doch nicht!? Ist ja aber nur die Gemeindeangabe…. Dann einzelne Aushänge. 2 x Bad Grönenbach. Na also doch. 1x ein anderer Ort.
Bin noch unsicher. Aber irgendwie bin ich da. Es kann nur so sein. Eine kleine stille unspektakuläre Ankunft. Ja. Irgendwie passt ein wenig. Ich gehe in die Kirche. Habe es geschafft.
Nehme Platz in der Bank und lass alles fallen. Geschafft!!! Ich bin alleine. Das heißt fast. Oben putzt jemand. Ich sitze eine halbe Stunde und bin innerlich still und glücklich. Eine ältere Dame kommt jetzt oben runter und grüßt freundlich.
Ich verlasse nach einer halben Stunde die Kirche. Jetzt noch ein Gasthaus und Zimmer finden, dann ist alles perfekt. Die ganzen Straßen hier sind aufgerissen. Es läuft sich nicht gut. Ich entdecke hier und da Häuser, die Gaststätten sein könnten, aber doch klein sind. Ich laufe weiter. Wird schon noch was kommen. Am Ende des Ortes ist nichts mehr.
Ein Auto kommt. Ich halte es an. „Wo kann ich hier übernachten?“. „Oh, ich glaube bei uns jetzt nirgendswo. Es ist schlecht in unserem Ort.“. Na toll. Musste ja kommen. Neeeeeeeeeeeeeeein! Ich habe es satt!!!
„Wo muss ich hin?“ – „Vielleicht nach Bad Grönenbach.“ – „Waaaasss?“ – „Bin ich nicht hier in Bad Grönenbach?“ – „Hier? Nein, das liegt 5 km entfernt.“
Ich bin sprachlos. Erschöpft und sprachlos.
„Danke“ – „Wir können Sie mitnehmen“ – „Nein, das geht nicht. Danke!“
Ahhhhhhhhhhhhhhhh!.... Hilfe. Ich eiere weiter. Setzte mich noch mal am Dorfausgang wo sich die Straße gabelt. Eine Frau hält mit dem Auto an. Ich frage nach meinem Zielort. Sie sagt, dass sind noch 6 km. Oh Gott. Das wird ja immer mehr. Ich frage jetzt keinen mehr. „Ich kann sie aber ein Stück mitnehmen.“ – „Nein, das geht nicht. Danke.“
Ich laufe los. Begegne noch einer Frau mit kleinem süßen Hund, die mir den sichtbaren Kirchturm von Bad Grönenbach zeigt. Ich versichere mich 4x ob das auch der richtige ist. „Ja“, sie ist sicher. Gut. Dann 1,5 km geradeaus zum nächsten Ort und dann 4 km nach rechts. Der Jakobsweg ist mir schnurzpiepegal! Muscheln sehe ich schon lange nicht mehr.
Sie würde mich auch noch auf einen Kaffee einladen, wenn nicht… „Ja, ja.. schon gut. Danke“ Jetzt bekomme ich aber auch alles angeboten. Aber ich zieh das jetzt durch verdammt. Habe die Schnauze gestrichen voll. Und laufe schmerzverzehrt immer weiter.
Erreiche den nächsten Ort und damit die Biegung nach rechts. Immer die Kirche im Blickfeld. Aber die kommt nicht wirklich schnell entgegen. 4 km geradeaus. Ca. 1 Std. noch! Auf jetzt! Durchziehen! Ich laufe und laufe. Die Kirche gibt nicht nach. Laufen und laufen. Links Burger King! Egal.
Plötzlich rechts noch mal eine Schafherde mit einem kleinen süßen Pony. Ich streichele es kurz. Es will vermutlich noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit. Ich muss jetzt ans Ziel. Es geht langsam weiter. Ich folge nicht. Es scheint tatsächlich beleidigt zu sein. Das darf doch nicht wahr sein. Sowas, aber auch!
Ich brech bald zusammen, will zum Zielort. Ich dreh mich noch mal um und das Pony ist weg. Ein kleiner Ausgang in einen anliegenden Wald hat es wohl verschlungen. Ich drehe mich noch 2x um sehe es aber nicht mehr.
Würde gerne noch mal 5 Minuten Pause machen. Aber es kommt keine Gelegenheit mehr. Ich laufe und laufe und schreie laut. Es ist hart. Doch ich komme an. „Bad Grönenbach“. Ich laufe jetzt noch zur Kirche, berühre die und dann ist Schluss. Basta! Sofort aufs Zimmer und Ende! Füße hoch!
Auch der Weg zur Kirch zieht sich noch mal. Doch ich komme an. Geschafft. Ich berühre die Tür und setzte mich davor auf die Treppe. Geschafft!!!! Pause. 10 Minuten. Ruhe. Stille.
Nach 10 Minuten gehe ich doch rein. Na klar. Muss schon sein. Ich bereue es nicht.
Bin tief in mir….
[Zensur]
Ich verlasse die Kirche nach ca. 30 Minuten und suche ein Zimmer. An der Kurverwaltung sagt man schon Leuten vor mir, dass es schlecht aussieht. Das kann nicht sein! Ich bekomme aber doch ein Bett im Sanatorium.
Ich bin still. Völlig erschöpft. Rette mich noch in die Dusche und ab aufs Bett. Nach zwei Stunden raffe ich mich wieder auf und gehe noch mal in den Ort. Zum einen weil ich noch meine Eltern informieren will, dass ich es geschafft habe, zum anderen, weil ich wie jeden Abend noch mit Genuss mein eines Weizenbier trinken will.
Ich komme zufrieden zurück. Steche wieder die Blasen auf und versuche möglichst wenig das Bett zu verlassen vorm Schlafengehen. Blasen sollte man grundsätzlich zum Schluss ausstechen, wie ich jetzt merke. Das Blut, das da reinschießt löst sehr heftige Schmerzen aus.
Ich schlafe nach kurzer Zeit ein.
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Montag, 2. Juli 2007
Keine Zeit...
chriss_am_weg, 20:15h
Habe leider keine Zeit heute wieder den Tagesbericht einzustellen. Morgen weiß ich auch noch nicht sicher ob es klappt.
Spätestens Mittwoch kommt dann "Tag 5" ;)
Weiterhin viel Spass beim Lesen
:)
Spätestens Mittwoch kommt dann "Tag 5" ;)
Weiterhin viel Spass beim Lesen
:)
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Sonntag, 1. Juli 2007
Tag4-Do.: Bad Wörishofen - ... Engetried
chriss_am_weg, 19:51h
Ab 7.00 Uhr gibt´s heute Frühstück. Ich bin 10 vor 7 da. Das nette Mädchen, dass mir Kaffee bringt, hatte selber noch nicht fertig gefrühstückt. Tut mir ja auch leid. Etwa 7.10 Uhr kommen die Blasenpflaster drauf und los geht´s.
Mein Gott! Es geht tatsächlich weiter!!! Unglaublich eigentlich! Die Eltern, Ally und Achim haben mich gestern gar nicht ernst genommen, als ich ernsthaft vor dem Ausgeben war.
Das Wetter ist trüb, windig, gewittrich. Ich kann wieder laufen, also los! Ich gehe eh in Richtung, wo es hell ist. Wenn gestern am Toten Punkt Höchstschmerzgrad 5 war, ist jetzt 2. Lächerlich! Halt ich locker durch. Plötzlich ist wieder Stufe 3 ganz schnell da. Aua! Ich sage dauernd vor mich hin: „Ich fliege heute zum Ziel.“ Andauernd, ohne Pause. Immer wieder.
Plötzlich wumm. Wieder Stufe 5! Ich stehe sofort! Mitten im Wald. Ich kann keinen Meter mehr laufen. Null. Linker Hüftknochen. Unerträglicher Schmerz. Immer wieder die Hüfte.
Ich stehe 3-4 Minuten auf einem Fleck ohne Bewegung. Dann langsam linkes Bein vor. Geht. Rechtes auch. Schneckentempo. Nach ca. 30m laufe ich wieder schmerzverzehrt halbwegs normal. Aus dem Wald gekommen eiere ich immer noch böse.
Plötzlich taucht ein Radfahrer neben mir auf. Thomas ca. gleiches Alter wie ich. „Oh Gott, bist du verletzt?“, fragt er eilig. „Nein, ich gehe nur am Zahnfleisch.“, entgegne ich ihm leicht grinsend.
Wir kommen die nächsten 20 Minuten ins Gespräch. Er ist von weiter oben gestartet, kommt aus Augsburg und will mit dem Rad nach Lindau. Der erste Pilgerer, den ich am Weg treffe. Wir unterhalten uns über das Pilgern allgemein, die Gründe und über Hape´s Buch, das er nicht so toll fand.
Als wir uns verabschieden merke ich das ich fast wieder normal laufe und wie schnell man mit dem Rad vorankommt. Ich sehe ihn schon bald nicht mehr. Aber ich laufe tatsächlich wieder. Kaum zu glauben. Es geht immer weiter. Die Schmerzen verschieben sich jetzt in die Muskulatur der Unterschenkel. Aber nur Stufe 2-3. Aushaltbar.
Im nächsten Ort ist ein Supermarkt. Völlig überraschend. Ich kaufe Bananen und nehme mir Zeit meiner Nichte und dem Neugeborenen meines Freundes zu schreiben. Auch weil ich weiß, dass mir das zusätzliche Energie verleiht.
„Ich fliege heute zum Ziel“ war ja mein Leitspruch. Also. Ich wiederhole ihn andauernd. Anders geht´s kaum. Ich laufe, laufe und laufe. Komme jetzt wieder gut voran. Erreiche um 11.00 Uhr Köngetried. Bei einer schönen Bank im Ortszentrum –ohne Zeckengefahr- erlaube ich mir mal großzügige 20 Minuten Pause.
Ich will den Ort verlassen, da wird es dunkel und trüb. Ich warte am Ortsschild und wäge ab. Eine junge Oma mit Kinderwagen begleitet mich zurück ins Dorf. Es geht gleich los. Wir beeilen uns und bekommen schon die ersten Tropfen ab. Ich helfe den Kinderwagen mit dem Regenschutz zu überspannen. Unsere Wege trennen sich. Ich eile zur Kirche. Sie ist auf! Puh… Glück gehabt! Nur der Vorraum allerdings. Die nächsten 40 Minuten verbringe ich auch 4 x 4 Meter und lasse das mittelschwere Gewitter rasch vorüberziehen.
Ich traue mich wieder aus. Leichter Nieselregen noch. Ich laufe an einem Mann vorbei, der mich irgendwie angrinst und die Straße kehrt. 200m weiter drehe ich mich wieder um, weil der Regen kurz wieder stärker wird. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch. Er läd mich kurzerhand zu sich in die Wohnung auf einen Kaffee ein.
Er ist Rheinländer und ca. Anfang 60. Wir reden über Weltreligionen, den Jakobsweg, Einzelgänger, Perfektionisten und Traumas. Die Frau kommt vom Einkauf nach Hause. 5 Minuten später bittet er mich nach draußen, da er noch Besuch erwartet. Seine Eltern. Der Vater ist 97 und fährt noch Auto. Die Unterhaltung hat ihm und mir sichtlich Spass gemacht. Jede Unterhaltung hier am Weg hat seine eigene Faszination.
Zum Abschied auf der Straße meint er, wir sollten stolz auf uns (=Einzelgänger, Vorreiter oder was auch immer?) sein. Ich sage ihm zum Abschluss: „Wir sehen uns in Santiago.“ Er hatte vorher gemeint, für ihn käme nur der Weg von der Haustür bis zum Zielort in Santiago in Frage. Es scheint als hätte er jetzt eine Träne im Auge. Ich fast auch. Toller Typ!
Ich lauf und laufe und laufen … und fliege ;)
Auf einer Anhöhe vor Markt Rettenbach habe ich eine wirklich gute Aussicht. Nur noch 4 km bis zum Ziel. Laufen, laufen. Endlich. Markt Rettenbach. Ortsmitte. Die Kirche heißt „St. Jakobus“. Erstmal ein Zimmer suchen. Dann kann ich da immer noch rein.
Ich komme mit einem jungen Mann ins Gespräch, der gleich seinen Vater zwecks näherer Auskünfte über Unterkünfte dazuholt. Zimmer gibt´s nur in 1 km-Entfernung. Sie rufen freundlicher Weise dort an und teilen mir anschließend mit das alles belegt ist. Na toll! Der Zielort hat keine Betten und der Nachbarort(?) auch nicht?! Was ist das für eine Planung auf dieser Internetseite gewesen?
Wir reden locker weiter. Es stellt sich heraus, dass der Junior ein Naturheilkräutergeschäft betreibt. Er schenkt mir auch gleich ein kleines Fläschen Alpenöl für die Muskelentspannung. Super! Ich erzähle von meinen Krankheiten. Der Vater kennt einen Gesundbeter in der Nähe. Ich nehme die Adresse entgegen. Ich bin zu fertig um gleich noch heute Kontakt aufzunehmen.
Es hilft nichts. Ich muss 2 km weiter nach Engetried zur Unterkunft, abseits des Jakobsweges. Ich bin genervt und lasse jetzt auch die Kirche links liegen.
Nach 2 km stehe ich kurz vor dem Gasthaus, da spricht mich ein einheimischer Mann an. Wir reden angeregt über fernöstliche Glaubenssysteme, Jesus, Meister, alte weise Schriften. Er ist verheiratet und hat 5 Kinder. Nach eigener Aussage hat er es in 6 Jahren „geschafft“. Da ist der Jüngste 18 Jahre und er kann sich ganz der Suche widmen. Seine Frau wird dann wohl einen anderen Weg gehen, meint er.
Hmmm…
Ich sage ihm, er braucht nicht zu suchen. Er ist doch schon da. Er widerspricht mir. Vielleicht in 300-400 Leben ist er erst am Ziel. Jetzt kann man nicht am Ziel sein.
Er fragt mich wer mein Meister ist. Ohaaa?!?! „Wenn da einer ist, dann würde ich sagen Tepperwein!“. Kennt er nicht. Er hat einen indischen. Er fragt, ob er mir über Nacht was zum Lesen ausleihen soll. „ Danke. Ich brauch nichts. Außerdem bin ich viel zu fertig.“ Er erzählt noch ein bisschen von sich. Kommt immer tiefer in die Materie. Er sagt, dass er hin- und hergerissen sei. Ich denke mir: Oh Mann, genau da war ich auch schon.
Er will eigentlich noch was loswerden. Mir wird es zu viel. Sage höflich Danke und verabschiede mich schnell. OK. Er sagt auch Tschau.
In dem Moment wird mir klar, dass ich wohl aus diesem tiefen ungewissen Tal, was er beschreibt schon raus bin. Ja klar. Eben merke ich es erst. Ich habe es hinter mir gelassen. Diese Wahnsinnsphase der Zerissenheit in mir ist seit einiger Zeit vorüber. Mir wird wiedermal bewusst wie genial doch Tepperwein ist. Unglaublich!
Welche Spielchen er da treibt mit den Bewusstseinserweiterungen und wo man hinkommt. Genial. Einfach höchst genial! Da können manche andere asiatischen „Hochheiligen“ echt einpacken ;)
Ich gehe beschwingt ins Gasthaus und bekommen gleich ein Zimmer. Ich bin am Ziel. Ich hab´s gepackt. Ich merke es. Tiefer Frieden erzeugt stilles Glück in mir.
Fazit des Tages: Alles ist gut, so wie es ist!
Hundertmal mit dem Verstand begriffen. Heute mit dem Herzen.
Mein Gott! Es geht tatsächlich weiter!!! Unglaublich eigentlich! Die Eltern, Ally und Achim haben mich gestern gar nicht ernst genommen, als ich ernsthaft vor dem Ausgeben war.
Das Wetter ist trüb, windig, gewittrich. Ich kann wieder laufen, also los! Ich gehe eh in Richtung, wo es hell ist. Wenn gestern am Toten Punkt Höchstschmerzgrad 5 war, ist jetzt 2. Lächerlich! Halt ich locker durch. Plötzlich ist wieder Stufe 3 ganz schnell da. Aua! Ich sage dauernd vor mich hin: „Ich fliege heute zum Ziel.“ Andauernd, ohne Pause. Immer wieder.
Plötzlich wumm. Wieder Stufe 5! Ich stehe sofort! Mitten im Wald. Ich kann keinen Meter mehr laufen. Null. Linker Hüftknochen. Unerträglicher Schmerz. Immer wieder die Hüfte.
Ich stehe 3-4 Minuten auf einem Fleck ohne Bewegung. Dann langsam linkes Bein vor. Geht. Rechtes auch. Schneckentempo. Nach ca. 30m laufe ich wieder schmerzverzehrt halbwegs normal. Aus dem Wald gekommen eiere ich immer noch böse.
Plötzlich taucht ein Radfahrer neben mir auf. Thomas ca. gleiches Alter wie ich. „Oh Gott, bist du verletzt?“, fragt er eilig. „Nein, ich gehe nur am Zahnfleisch.“, entgegne ich ihm leicht grinsend.
Wir kommen die nächsten 20 Minuten ins Gespräch. Er ist von weiter oben gestartet, kommt aus Augsburg und will mit dem Rad nach Lindau. Der erste Pilgerer, den ich am Weg treffe. Wir unterhalten uns über das Pilgern allgemein, die Gründe und über Hape´s Buch, das er nicht so toll fand.
Als wir uns verabschieden merke ich das ich fast wieder normal laufe und wie schnell man mit dem Rad vorankommt. Ich sehe ihn schon bald nicht mehr. Aber ich laufe tatsächlich wieder. Kaum zu glauben. Es geht immer weiter. Die Schmerzen verschieben sich jetzt in die Muskulatur der Unterschenkel. Aber nur Stufe 2-3. Aushaltbar.
Im nächsten Ort ist ein Supermarkt. Völlig überraschend. Ich kaufe Bananen und nehme mir Zeit meiner Nichte und dem Neugeborenen meines Freundes zu schreiben. Auch weil ich weiß, dass mir das zusätzliche Energie verleiht.
„Ich fliege heute zum Ziel“ war ja mein Leitspruch. Also. Ich wiederhole ihn andauernd. Anders geht´s kaum. Ich laufe, laufe und laufe. Komme jetzt wieder gut voran. Erreiche um 11.00 Uhr Köngetried. Bei einer schönen Bank im Ortszentrum –ohne Zeckengefahr- erlaube ich mir mal großzügige 20 Minuten Pause.
Ich will den Ort verlassen, da wird es dunkel und trüb. Ich warte am Ortsschild und wäge ab. Eine junge Oma mit Kinderwagen begleitet mich zurück ins Dorf. Es geht gleich los. Wir beeilen uns und bekommen schon die ersten Tropfen ab. Ich helfe den Kinderwagen mit dem Regenschutz zu überspannen. Unsere Wege trennen sich. Ich eile zur Kirche. Sie ist auf! Puh… Glück gehabt! Nur der Vorraum allerdings. Die nächsten 40 Minuten verbringe ich auch 4 x 4 Meter und lasse das mittelschwere Gewitter rasch vorüberziehen.
Ich traue mich wieder aus. Leichter Nieselregen noch. Ich laufe an einem Mann vorbei, der mich irgendwie angrinst und die Straße kehrt. 200m weiter drehe ich mich wieder um, weil der Regen kurz wieder stärker wird. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch. Er läd mich kurzerhand zu sich in die Wohnung auf einen Kaffee ein.
Er ist Rheinländer und ca. Anfang 60. Wir reden über Weltreligionen, den Jakobsweg, Einzelgänger, Perfektionisten und Traumas. Die Frau kommt vom Einkauf nach Hause. 5 Minuten später bittet er mich nach draußen, da er noch Besuch erwartet. Seine Eltern. Der Vater ist 97 und fährt noch Auto. Die Unterhaltung hat ihm und mir sichtlich Spass gemacht. Jede Unterhaltung hier am Weg hat seine eigene Faszination.
Zum Abschied auf der Straße meint er, wir sollten stolz auf uns (=Einzelgänger, Vorreiter oder was auch immer?) sein. Ich sage ihm zum Abschluss: „Wir sehen uns in Santiago.“ Er hatte vorher gemeint, für ihn käme nur der Weg von der Haustür bis zum Zielort in Santiago in Frage. Es scheint als hätte er jetzt eine Träne im Auge. Ich fast auch. Toller Typ!
Ich lauf und laufe und laufen … und fliege ;)
Auf einer Anhöhe vor Markt Rettenbach habe ich eine wirklich gute Aussicht. Nur noch 4 km bis zum Ziel. Laufen, laufen. Endlich. Markt Rettenbach. Ortsmitte. Die Kirche heißt „St. Jakobus“. Erstmal ein Zimmer suchen. Dann kann ich da immer noch rein.
Ich komme mit einem jungen Mann ins Gespräch, der gleich seinen Vater zwecks näherer Auskünfte über Unterkünfte dazuholt. Zimmer gibt´s nur in 1 km-Entfernung. Sie rufen freundlicher Weise dort an und teilen mir anschließend mit das alles belegt ist. Na toll! Der Zielort hat keine Betten und der Nachbarort(?) auch nicht?! Was ist das für eine Planung auf dieser Internetseite gewesen?
Wir reden locker weiter. Es stellt sich heraus, dass der Junior ein Naturheilkräutergeschäft betreibt. Er schenkt mir auch gleich ein kleines Fläschen Alpenöl für die Muskelentspannung. Super! Ich erzähle von meinen Krankheiten. Der Vater kennt einen Gesundbeter in der Nähe. Ich nehme die Adresse entgegen. Ich bin zu fertig um gleich noch heute Kontakt aufzunehmen.
Es hilft nichts. Ich muss 2 km weiter nach Engetried zur Unterkunft, abseits des Jakobsweges. Ich bin genervt und lasse jetzt auch die Kirche links liegen.
Nach 2 km stehe ich kurz vor dem Gasthaus, da spricht mich ein einheimischer Mann an. Wir reden angeregt über fernöstliche Glaubenssysteme, Jesus, Meister, alte weise Schriften. Er ist verheiratet und hat 5 Kinder. Nach eigener Aussage hat er es in 6 Jahren „geschafft“. Da ist der Jüngste 18 Jahre und er kann sich ganz der Suche widmen. Seine Frau wird dann wohl einen anderen Weg gehen, meint er.
Hmmm…
Ich sage ihm, er braucht nicht zu suchen. Er ist doch schon da. Er widerspricht mir. Vielleicht in 300-400 Leben ist er erst am Ziel. Jetzt kann man nicht am Ziel sein.
Er fragt mich wer mein Meister ist. Ohaaa?!?! „Wenn da einer ist, dann würde ich sagen Tepperwein!“. Kennt er nicht. Er hat einen indischen. Er fragt, ob er mir über Nacht was zum Lesen ausleihen soll. „ Danke. Ich brauch nichts. Außerdem bin ich viel zu fertig.“ Er erzählt noch ein bisschen von sich. Kommt immer tiefer in die Materie. Er sagt, dass er hin- und hergerissen sei. Ich denke mir: Oh Mann, genau da war ich auch schon.
Er will eigentlich noch was loswerden. Mir wird es zu viel. Sage höflich Danke und verabschiede mich schnell. OK. Er sagt auch Tschau.
In dem Moment wird mir klar, dass ich wohl aus diesem tiefen ungewissen Tal, was er beschreibt schon raus bin. Ja klar. Eben merke ich es erst. Ich habe es hinter mir gelassen. Diese Wahnsinnsphase der Zerissenheit in mir ist seit einiger Zeit vorüber. Mir wird wiedermal bewusst wie genial doch Tepperwein ist. Unglaublich!
Welche Spielchen er da treibt mit den Bewusstseinserweiterungen und wo man hinkommt. Genial. Einfach höchst genial! Da können manche andere asiatischen „Hochheiligen“ echt einpacken ;)
Ich gehe beschwingt ins Gasthaus und bekommen gleich ein Zimmer. Ich bin am Ziel. Ich hab´s gepackt. Ich merke es. Tiefer Frieden erzeugt stilles Glück in mir.
Fazit des Tages: Alles ist gut, so wie es ist!
Hundertmal mit dem Verstand begriffen. Heute mit dem Herzen.
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Samstag, 30. Juni 2007
Tag3-Mi.: Siebnach - Bad Wörishofen
chriss_am_weg, 16:47h
Um ca. 5:30 Uhr wache ich in diesem seltsamen Zimmer auf. Zwischen Maria-Heiligenbildern hängen ausgestopfte Eulen, Tauben, ein Gewehr und ein Fuchsfell. Mir fällt ein, dass ich ab 6:00 Uhr hier bereits Frühstück einnehmen kann. Wäre cool mal so früh loszulaufen. Ich bin um 6:10 Uhr wieder Erste unten und verlasse gegen 6:50 Uhr das Haus in Richtung Waldrand und Wertach.
Es wird wieder heiß werden. Obwohl ich die letzten zwei Tage sehr aufmerksam die Wegbeschreibung lese, verlaufe ich mich auch heute wieder.
Schon nach wenigen Kilometern kommen die Schmerzen. Es wird höllisch für mich. Ich quäle mich tausende Male über den Punkt und breche bei den Raststätten ziemlich zusammen. Nach 10 Minuten bin dann wieder … auf keinen Fall fit, kann aber unter Schmerzen weiterlaufen. Die Schmerzen sind durchweg da. Hüftknochen und Blasen fordern seinen Preis. Außerdem die Stelle vorne im linken Schienbein. Dort sind es die Muskeln und die Bänder, die sehr weh tun.
Es ist wirklich höllisch. Und ich denke ernsthaft ans Aufgeben am Ende des Tages. Das ich diesen Punkt erreiche und das als Sportler, hätte ich nie für möglich gehalten.
Immer an den Rastplätzen raff ich mich nach 10 Minuten wieder auf, weil mich die Leute so verwundert ankucken. Ich hänge wirklich böse rum. Es ist mir aber völlig egal.
Die Schmerzen werden noch schlimmer. Eine lange mühsame Strecke durch die grelle Sonne überlebe ich nur in dem ich aus voller Leidenschaft „Blind Man“ von Aerosmith durch die Gegend brülle. Ich habe das Gefühl der Geist löst sich langsam vom Körper.
„Die Götter würfeln und sie fragen nicht, ob wir mitspielen wollen.“ Der Satz, den ich gestern bei Coelho im Buch gelesen habe, geht mir heute nicht aus dem Kopf.
Ich könnte zu jedem Tag ein Buch schreiben. Man wird zig-male positiv und zig-male negativ an so einem Tag überrascht. Kleinigkeiten eigentlich. Hier aber mehr.
Auf und Ab. Ständig. Grausam und herrlich. Belebend, wohl.
„Kreisverkehr??? Ahhhh.... na sicher… der alte Kreisverkehr!! Na klar!!“ Mein Satz des Tages. In der Karte stand: „…sie erreichen den Kreisverkehr“ oder so ähnlich. Ich war durch den Wald maschiert und hatte die Orientierung völlig verloren. War völlig verzweifelt und sah nur Schilder mit Ortsnamen, die mich nicht weiterbrachten. Als ich nach einer Pause einige Meter nach vorne lief, fiel mir wieder wie aus dem Nichts dieser vom-Himmel-geschickte Kreisverkehr auf ;)
Meine ganz persönliche Erkenntnis des Tages: Es kommt nicht drauf an glücklich zu sein!
Auch heute kurz vor dem Ziel (ca. 1,5 – 2 km) bleibe ich wieder länger an der letzten Rast hängen. Das Café vom Sportflugplatz. Ich lausche gebannt am Nebentisch wo eine scheinbar sehr erfolgreiche Ärztin mit einem Kollegen und ihrem Vater Konversation betreibt. Die Unterhaltung finde ich sehr interessant. Sie berichtetet von einer Reanimation eines Passagiers auf dem Weg nach Mexiko mit Notlandung in Dallas. Sie musste die Notlandung veranlassen und dafür gerade stehen. Wow. Wirklich beeindruckend.
Dann entscheiden sie sich spontan einen Rundflug durchzuführen, zahlen die Starterlaubnis und heben wenig später ab.
Irgendwann komme ich in Bad Wörishofen an. Gegen 14:00 Uhr finde ich ein Zimmer. Gegen 16:00 Uhr kann ich völlig überraschend wieder gehen bzw. rumeiern. Ich besorge mir Fußpflegemittel, bekomme wieder keine Speicherkarte für meine Kamera und schließlich esse ich auch anschließend zu Abend. Achim aus Köln leistet mir Gesellschaft. Wir waren uns schon am Nachmittag zweimal über den Weg gelaufen und er setzt sich freundlicher Weise zu mir als er mich wieder erkennt. Wir unterhalten uns über den Jakobsweg, andere Wanderungen, seinen Beruf, Kindheitserinnerungen und auch über Zufälle.
Beim Tagesbericht schreiben am Abend kommen mir so manche Gedanken. Meine Vorgehensweise bei der Erledigung des Tagespensums. Wie ich die Strecken so angehe, so verlaufen auch die Sachen / Projekte in meinem Leben. Hape schreibt dazu ja auch einiges in seinem Buch. Deswegen komme ich jetzt auch darauf.
Ich mache mich früh immer auf den Weg. Will da irgendwo der erste sein. Vorreiter spielen. Dann trödel ich los, fall auf die Schnauze, bin mega angepisst, nehme neu Anlauf, gebe alles, 100% Vollgas, meister die Sache hervorragend und bleibe dann doch unmittelbar vor dem Ziel stehen.
Fange dann meistens was Neues an. Bei allen Dingen irgendwie.
Die Leute denken: „Was ist denn jetzt los??? Der muss doch nur noch über die Ziellinie gehen. Warum sagt ihm das keiner??? Warum versteht er das nicht? Es ist doch offensichtlich. Ist der irre???“
Für mich ist der Reiz weg. Völlig verflogen. Ich habe gezeigt, dass ich´s kann. Ich habe den Sinn verstanden. Die „Matrix“ durchblickt. Ehrungen und Urkunden brauch ich nicht. Ich hab´s verstanden, das reicht mir. Ende. Neues Thema.
Typisch dass ich jetzt auch ohne Pilgerpass unterwegs bin. Und mein Gewicht, sowie das Gewicht des Rucksackes, den ich mitschleife, habe ich ebenfalls nicht notiert. Wie konnte ich nur???
Genauso jetzt: Aktueller Fall: meine Bewerbung, die z. Zt. läuft. Ich melde mich nicht mehr. Denke schon, dass die sich wundern. Ich kann nicht. Bekomme langsam Angst, dass ich das Ding auch nicht heimkriege.
Aber ich habe es ja jetzt verstanden?! Oder doch nicht!?
Ruf ich morgen mal dort an?
Aber bin ICH das dann? Habe ich mein „Grundfehler“ jetzt eingesehen, der mich vom Erfolg in so viele Dingen trennt. Oder ist das alte Verhaltensmuster einfach mein Naturell, mein Leben, meine Geschichte?
Ich weiß es nicht. Klarheit kommt! Langsam… aber sie kommt!
Am Abend ist Ally so nett und gibt mir nach kurzer telefonischer Anfrage noch Fernreiki, weil es mir nicht so gut geht. Ich sehe vor meinem geistigen Auge die Schmerzen als weißen Staub und Sterne aus meinem Füssen rausfließen.
Morgen mal sehen was es bewirkt hat….
Um 23:30 Uhr steche ich mir noch die jeweils zwei Blasen an beiden Füssen auf, obwohl die Apothekerin mir dringendst davon abgeraten hat. „Sie stechen gar nichts auf!“. Irgendwie muss man aber hier auf sich selber hören und es tut gut, dass dieser Druck sich entladen hat.
Es wird wieder heiß werden. Obwohl ich die letzten zwei Tage sehr aufmerksam die Wegbeschreibung lese, verlaufe ich mich auch heute wieder.
Schon nach wenigen Kilometern kommen die Schmerzen. Es wird höllisch für mich. Ich quäle mich tausende Male über den Punkt und breche bei den Raststätten ziemlich zusammen. Nach 10 Minuten bin dann wieder … auf keinen Fall fit, kann aber unter Schmerzen weiterlaufen. Die Schmerzen sind durchweg da. Hüftknochen und Blasen fordern seinen Preis. Außerdem die Stelle vorne im linken Schienbein. Dort sind es die Muskeln und die Bänder, die sehr weh tun.
Es ist wirklich höllisch. Und ich denke ernsthaft ans Aufgeben am Ende des Tages. Das ich diesen Punkt erreiche und das als Sportler, hätte ich nie für möglich gehalten.
Immer an den Rastplätzen raff ich mich nach 10 Minuten wieder auf, weil mich die Leute so verwundert ankucken. Ich hänge wirklich böse rum. Es ist mir aber völlig egal.
Die Schmerzen werden noch schlimmer. Eine lange mühsame Strecke durch die grelle Sonne überlebe ich nur in dem ich aus voller Leidenschaft „Blind Man“ von Aerosmith durch die Gegend brülle. Ich habe das Gefühl der Geist löst sich langsam vom Körper.
„Die Götter würfeln und sie fragen nicht, ob wir mitspielen wollen.“ Der Satz, den ich gestern bei Coelho im Buch gelesen habe, geht mir heute nicht aus dem Kopf.
Ich könnte zu jedem Tag ein Buch schreiben. Man wird zig-male positiv und zig-male negativ an so einem Tag überrascht. Kleinigkeiten eigentlich. Hier aber mehr.
Auf und Ab. Ständig. Grausam und herrlich. Belebend, wohl.
„Kreisverkehr??? Ahhhh.... na sicher… der alte Kreisverkehr!! Na klar!!“ Mein Satz des Tages. In der Karte stand: „…sie erreichen den Kreisverkehr“ oder so ähnlich. Ich war durch den Wald maschiert und hatte die Orientierung völlig verloren. War völlig verzweifelt und sah nur Schilder mit Ortsnamen, die mich nicht weiterbrachten. Als ich nach einer Pause einige Meter nach vorne lief, fiel mir wieder wie aus dem Nichts dieser vom-Himmel-geschickte Kreisverkehr auf ;)
Meine ganz persönliche Erkenntnis des Tages: Es kommt nicht drauf an glücklich zu sein!
Auch heute kurz vor dem Ziel (ca. 1,5 – 2 km) bleibe ich wieder länger an der letzten Rast hängen. Das Café vom Sportflugplatz. Ich lausche gebannt am Nebentisch wo eine scheinbar sehr erfolgreiche Ärztin mit einem Kollegen und ihrem Vater Konversation betreibt. Die Unterhaltung finde ich sehr interessant. Sie berichtetet von einer Reanimation eines Passagiers auf dem Weg nach Mexiko mit Notlandung in Dallas. Sie musste die Notlandung veranlassen und dafür gerade stehen. Wow. Wirklich beeindruckend.
Dann entscheiden sie sich spontan einen Rundflug durchzuführen, zahlen die Starterlaubnis und heben wenig später ab.
Irgendwann komme ich in Bad Wörishofen an. Gegen 14:00 Uhr finde ich ein Zimmer. Gegen 16:00 Uhr kann ich völlig überraschend wieder gehen bzw. rumeiern. Ich besorge mir Fußpflegemittel, bekomme wieder keine Speicherkarte für meine Kamera und schließlich esse ich auch anschließend zu Abend. Achim aus Köln leistet mir Gesellschaft. Wir waren uns schon am Nachmittag zweimal über den Weg gelaufen und er setzt sich freundlicher Weise zu mir als er mich wieder erkennt. Wir unterhalten uns über den Jakobsweg, andere Wanderungen, seinen Beruf, Kindheitserinnerungen und auch über Zufälle.
Beim Tagesbericht schreiben am Abend kommen mir so manche Gedanken. Meine Vorgehensweise bei der Erledigung des Tagespensums. Wie ich die Strecken so angehe, so verlaufen auch die Sachen / Projekte in meinem Leben. Hape schreibt dazu ja auch einiges in seinem Buch. Deswegen komme ich jetzt auch darauf.
Ich mache mich früh immer auf den Weg. Will da irgendwo der erste sein. Vorreiter spielen. Dann trödel ich los, fall auf die Schnauze, bin mega angepisst, nehme neu Anlauf, gebe alles, 100% Vollgas, meister die Sache hervorragend und bleibe dann doch unmittelbar vor dem Ziel stehen.
Fange dann meistens was Neues an. Bei allen Dingen irgendwie.
Die Leute denken: „Was ist denn jetzt los??? Der muss doch nur noch über die Ziellinie gehen. Warum sagt ihm das keiner??? Warum versteht er das nicht? Es ist doch offensichtlich. Ist der irre???“
Für mich ist der Reiz weg. Völlig verflogen. Ich habe gezeigt, dass ich´s kann. Ich habe den Sinn verstanden. Die „Matrix“ durchblickt. Ehrungen und Urkunden brauch ich nicht. Ich hab´s verstanden, das reicht mir. Ende. Neues Thema.
Typisch dass ich jetzt auch ohne Pilgerpass unterwegs bin. Und mein Gewicht, sowie das Gewicht des Rucksackes, den ich mitschleife, habe ich ebenfalls nicht notiert. Wie konnte ich nur???
Genauso jetzt: Aktueller Fall: meine Bewerbung, die z. Zt. läuft. Ich melde mich nicht mehr. Denke schon, dass die sich wundern. Ich kann nicht. Bekomme langsam Angst, dass ich das Ding auch nicht heimkriege.
Aber ich habe es ja jetzt verstanden?! Oder doch nicht!?
Ruf ich morgen mal dort an?
Aber bin ICH das dann? Habe ich mein „Grundfehler“ jetzt eingesehen, der mich vom Erfolg in so viele Dingen trennt. Oder ist das alte Verhaltensmuster einfach mein Naturell, mein Leben, meine Geschichte?
Ich weiß es nicht. Klarheit kommt! Langsam… aber sie kommt!
Am Abend ist Ally so nett und gibt mir nach kurzer telefonischer Anfrage noch Fernreiki, weil es mir nicht so gut geht. Ich sehe vor meinem geistigen Auge die Schmerzen als weißen Staub und Sterne aus meinem Füssen rausfließen.
Morgen mal sehen was es bewirkt hat….
Um 23:30 Uhr steche ich mir noch die jeweils zwei Blasen an beiden Füssen auf, obwohl die Apothekerin mir dringendst davon abgeraten hat. „Sie stechen gar nichts auf!“. Irgendwie muss man aber hier auf sich selber hören und es tut gut, dass dieser Druck sich entladen hat.
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Freitag, 29. Juni 2007
Tag2-Di.: Reinhartshofen - Siebnach
chriss_am_weg, 19:23h
Kurz nach 9:00 Uhr nach dem Frühstück und einem kurzen Abschliedsplausch mit der Wirtin breche ich auf.
Ich denke zunächst es wird kühler als gestern (ca. 25° C), merke aber bald, dass es noch heißer wird. Früh bin ich schon geschwitzt und merke, dass es ein harter Tag werden könnte. Die Knie tun weh, die Füsse eiern und der Muskelkater ist überall in den Beinen bemerkbar.
Ich gebe Gas und will möglichst lange das Tempo durchhalten. Zur Mittagszeit in der grellen Sonne will ich 2/3 des 20km-Tagespensum geschafft haben, irgendwo ordentlich zu Mittag essen und erst am späten Nachmittag dann weiter.
Alle Orte, die ich durchquere sind klein und ähnlich. Es geht bergauf und bergab. Ich durchlaufe Klimmach, Birkach, Hipoldsberg und erreiche endlich Konradshofen. Hatte schon gehört, dass es ein größerer Ort mal wieder ist. Endlich. Irgendwas mal wieder, wo man das Notwendigste kaufen kann. Das ist mehr als ungewöhnlich hier am Weg. In den kleinen Orten gibt es nämlich rein gar nichts. Und das ist furchtbar frustrierend.
Meine Kamera brauchte jetzt auch dringend mal einen neuen Speicherstick, damit ich weiter Bilder machen kann. Ich probiere es mal mit einer Bestellung beim Universum. Bei Hape und Bärbel Mohr klappt das doch auch andauernd. Ich wünsche mir also ein Elektrogeschäft.
Ich laufe noch einige Meter und siehe da…. Ich frage in Konradshofen angekommen nach so einem und sie weisen mir den Weg dorthin. Das Geschäft liegt sogar direkt auf meiner Strecke. Wunderbar!
Ich gehe rein und verlange einen SD-Stick. „Oh, so was haben wir nicht vorrätig. Ich könnte bis morgen einen besorgen.“ Na toll! Warum wünsche ich mir auch ein E-Shop anstatt gleich einen Stick!?
10 km habe ich jetzt ungefähr. Es ist die Hälfte. Und es ist hier ein größerer Ort. Theoretisch sollte ich das ausnutzen um vernünftig zu Mittag zu essen. Aber da es zu heiß ist, muss ich umplanen. Ich will möglichst viel Wegstrecke hinter mir haben, wenn ich Mittag mache.
Jetzt wird es hart. Richtig hart. Ein Örtchen nach dem nächsten kommt, hat aber nichts groß zu bieten. Die Sonne brennt immer mehr und ich konzentriere mich auf meinen inneren Motor. Nur vorwärts. Ich eiere. Schwitze. Waldwege sind heute selten. Merke wie meine empfliche Haut immer roter wird. Pausiere nun immer mal kurz. Zwei- bis dreimal immer so 5-10 Minuten.
Ich bin erschöpft. Aber in 5 Minuten Pause fließt erstaunlich viel neue Energie in den Körper und es geht mühsam weiter. Die Sonne ist unerbittlich. Endlich sehe ich nach einer Pause in der Kapelle der Heiligen Familie wieder ein einem Waldstück entgegen.
Ups. Dort steht mitten auf dem Weg am Waldeingang in 50 Meter Entfernung ein Fuchs und blickt zu mir runter. Tun die was? Ist Tollwutgefahr? Ich laufe weiter. Er dreht sich cool um und hoppelt links ins hohe Gebüsch.
Mir ist nicht einerlei. Ich nehme einen festen Stock vorsichtshalber mit als ich in den Wald hineinlaufe und passiere höchst aufmerksam die Stelle, wo er verschwand. Er passiert nichts. Gut. Nach einigen Meter werfe ich den Stock wieder beiseite.
Später überquert auch ein scheues Reh meine Bahn, kuckt mich an und verschwindet fluchs wieder. Die kleinen Käffer nerven mich ohne Ende. Kann man sich nicht mal mehr auf die Zielankünfte freuen, sondern muss bangen, ob Zimmer überhaupt da sind und man was ordentliches zu Essen bekommt. Bah….! Ich bin mega genervt. Schraube meine Erwartungen auf ein Minimum zurück.
Im Endeffekt sind einfach nur Ruhe und Wasser ein sehr hohes Gut hier geworden. Und wenn ich das heute bekomme bin ich auch irgendwie zufrieden. Im Ernst. Ich bin gequälter als es sich hier vielleicht anhört.
Da ich nichts finde, beiße ich jetzt auf die Zähne und will komplett durchlaufen, da entdecke ich 1,5 km vor dem Zielort in Kirchsiebnach einen Biergarten.
Pures Glück. Wie aus dem Nichts.
Und hier gibt´s sogar Schatten und warme Gerichte. Wunderbar. Ein absoluter Traum. Gegen 13.30 Uhr führe ich mir sehr genussvoll einen Strammen Max, Salatteller und Bluna zu. Ich kann nicht immer nur Wasser trinken.
Nur 1,5 km bis zum Ziel und hier gibt´s einfach alles. Wer weiß was am Zielort mich erwartet. Ich bleibe solange wie möglich hier. Zwischenzeitlich überlege ich sogar dort zu übernachten, um kein Risiko einzugehen. Doch ich bekomme die Auskunft, dass leider alles belegt ist. Mist! Wäre ja zu schön gewesen.
Irgendwie gerät man hier ständig vom Himmel zur Hölle und zurück. Wenn man was erwartet kommt es garantiert nicht. Dann, wenn man am völlig am Boden ist, ist immer was da was einem wieder aufbaut. Es ist seltsam.
Ich verweile trotzdem noch weiter dort. Ich bin zu fertig und die Sonne brennt unvermindert heftig. Eine Männerfahrradgruppe am Nebentisch kommt mit mir ins Gespräch. Oberflächlich.
Dann komme ich mit einem „Künstler“ zusammen. Er macht vom Helikopter Großbildaufnahmen aus der Luft von verschiedenen Grundstücken und Orten. Außerdem ist er Designer und wie ich leicht spirituell veranlagt.
Als wir uns begrüßten, sagte er müsse wieder an die Arbeit. Trotzdem unterhalten wir uns gute 30 Minuten und tauschen auch Adressen aus. Eine sehr anregende und interessante Unterhaltung. Eigentlich hätte mich das Designer-Thema noch mehr interessiert, aber wir kamen nicht mehr drauf.
Ich lese an einem schattigen Platz im Biergarten das Coelho-Buch weiter bis Seite 100. Um 17.30 Uhr endlich schleppe ich mich wie auf rohen Erbsen die letzten 1,5 km geradeaus nach Siebnach. Da meine Arme schon feuerrot sind laufe ich sogar langärmig und die Leute kucken ein wenig doof, da es doch sehr sehr heiß noch ist.
Die Kirche interessiert mich nicht mehr. Ich will sofort zur Gaststätte. Finde sie gleich. Zimmer sind frei! Hurra! Gut ausgestattet! Prima! Irgendwie der Wahnsinn! Dieses ständige auf und ab. Achterbahn pur. Man genießt so viele Kleinigkeiten.
Ich esse ein leckeres Wiener Schnitzel, dusche und habe auch meinen ersten Waschtag. Eine Wäschespinne im Hinterhof ließ mir keine Wahl. Wann so was da ist, muss man es ausnutzen. Anders funktioniert es hier wohl nicht.
Der absolute Knaller ist jetzt, dass ich einen Fernseher am Zimmer habe und Dienstag Abend ist. Ich kucke mir tatsächlich auf dem Jakobsweg meine Lieblingssendung auf VOX die „Gilmore Girls“ an. Wirklich purer Luxus *lach*. Das Ganze passt aber schon nicht so ganz zusammen. Als ich ausschalte, fühle ich mich wieder wie in eine andere Welt zurück versetzt. Ein heftiger Spagat.
Ich habe die ersten kleinen Blasen und mein Hüftgestell eiert schmerzhaft und unsynchron. Hoffentlich kann ich morgen früh laufen. Es ist 22:25 Uhr, schön müde falle ich ins Bett. Gute Nacht!
Ich denke zunächst es wird kühler als gestern (ca. 25° C), merke aber bald, dass es noch heißer wird. Früh bin ich schon geschwitzt und merke, dass es ein harter Tag werden könnte. Die Knie tun weh, die Füsse eiern und der Muskelkater ist überall in den Beinen bemerkbar.
Ich gebe Gas und will möglichst lange das Tempo durchhalten. Zur Mittagszeit in der grellen Sonne will ich 2/3 des 20km-Tagespensum geschafft haben, irgendwo ordentlich zu Mittag essen und erst am späten Nachmittag dann weiter.
Alle Orte, die ich durchquere sind klein und ähnlich. Es geht bergauf und bergab. Ich durchlaufe Klimmach, Birkach, Hipoldsberg und erreiche endlich Konradshofen. Hatte schon gehört, dass es ein größerer Ort mal wieder ist. Endlich. Irgendwas mal wieder, wo man das Notwendigste kaufen kann. Das ist mehr als ungewöhnlich hier am Weg. In den kleinen Orten gibt es nämlich rein gar nichts. Und das ist furchtbar frustrierend.
Meine Kamera brauchte jetzt auch dringend mal einen neuen Speicherstick, damit ich weiter Bilder machen kann. Ich probiere es mal mit einer Bestellung beim Universum. Bei Hape und Bärbel Mohr klappt das doch auch andauernd. Ich wünsche mir also ein Elektrogeschäft.
Ich laufe noch einige Meter und siehe da…. Ich frage in Konradshofen angekommen nach so einem und sie weisen mir den Weg dorthin. Das Geschäft liegt sogar direkt auf meiner Strecke. Wunderbar!
Ich gehe rein und verlange einen SD-Stick. „Oh, so was haben wir nicht vorrätig. Ich könnte bis morgen einen besorgen.“ Na toll! Warum wünsche ich mir auch ein E-Shop anstatt gleich einen Stick!?
10 km habe ich jetzt ungefähr. Es ist die Hälfte. Und es ist hier ein größerer Ort. Theoretisch sollte ich das ausnutzen um vernünftig zu Mittag zu essen. Aber da es zu heiß ist, muss ich umplanen. Ich will möglichst viel Wegstrecke hinter mir haben, wenn ich Mittag mache.
Jetzt wird es hart. Richtig hart. Ein Örtchen nach dem nächsten kommt, hat aber nichts groß zu bieten. Die Sonne brennt immer mehr und ich konzentriere mich auf meinen inneren Motor. Nur vorwärts. Ich eiere. Schwitze. Waldwege sind heute selten. Merke wie meine empfliche Haut immer roter wird. Pausiere nun immer mal kurz. Zwei- bis dreimal immer so 5-10 Minuten.
Ich bin erschöpft. Aber in 5 Minuten Pause fließt erstaunlich viel neue Energie in den Körper und es geht mühsam weiter. Die Sonne ist unerbittlich. Endlich sehe ich nach einer Pause in der Kapelle der Heiligen Familie wieder ein einem Waldstück entgegen.
Ups. Dort steht mitten auf dem Weg am Waldeingang in 50 Meter Entfernung ein Fuchs und blickt zu mir runter. Tun die was? Ist Tollwutgefahr? Ich laufe weiter. Er dreht sich cool um und hoppelt links ins hohe Gebüsch.
Mir ist nicht einerlei. Ich nehme einen festen Stock vorsichtshalber mit als ich in den Wald hineinlaufe und passiere höchst aufmerksam die Stelle, wo er verschwand. Er passiert nichts. Gut. Nach einigen Meter werfe ich den Stock wieder beiseite.
Später überquert auch ein scheues Reh meine Bahn, kuckt mich an und verschwindet fluchs wieder. Die kleinen Käffer nerven mich ohne Ende. Kann man sich nicht mal mehr auf die Zielankünfte freuen, sondern muss bangen, ob Zimmer überhaupt da sind und man was ordentliches zu Essen bekommt. Bah….! Ich bin mega genervt. Schraube meine Erwartungen auf ein Minimum zurück.
Im Endeffekt sind einfach nur Ruhe und Wasser ein sehr hohes Gut hier geworden. Und wenn ich das heute bekomme bin ich auch irgendwie zufrieden. Im Ernst. Ich bin gequälter als es sich hier vielleicht anhört.
Da ich nichts finde, beiße ich jetzt auf die Zähne und will komplett durchlaufen, da entdecke ich 1,5 km vor dem Zielort in Kirchsiebnach einen Biergarten.
Pures Glück. Wie aus dem Nichts.
Und hier gibt´s sogar Schatten und warme Gerichte. Wunderbar. Ein absoluter Traum. Gegen 13.30 Uhr führe ich mir sehr genussvoll einen Strammen Max, Salatteller und Bluna zu. Ich kann nicht immer nur Wasser trinken.
Nur 1,5 km bis zum Ziel und hier gibt´s einfach alles. Wer weiß was am Zielort mich erwartet. Ich bleibe solange wie möglich hier. Zwischenzeitlich überlege ich sogar dort zu übernachten, um kein Risiko einzugehen. Doch ich bekomme die Auskunft, dass leider alles belegt ist. Mist! Wäre ja zu schön gewesen.
Irgendwie gerät man hier ständig vom Himmel zur Hölle und zurück. Wenn man was erwartet kommt es garantiert nicht. Dann, wenn man am völlig am Boden ist, ist immer was da was einem wieder aufbaut. Es ist seltsam.
Ich verweile trotzdem noch weiter dort. Ich bin zu fertig und die Sonne brennt unvermindert heftig. Eine Männerfahrradgruppe am Nebentisch kommt mit mir ins Gespräch. Oberflächlich.
Dann komme ich mit einem „Künstler“ zusammen. Er macht vom Helikopter Großbildaufnahmen aus der Luft von verschiedenen Grundstücken und Orten. Außerdem ist er Designer und wie ich leicht spirituell veranlagt.
Als wir uns begrüßten, sagte er müsse wieder an die Arbeit. Trotzdem unterhalten wir uns gute 30 Minuten und tauschen auch Adressen aus. Eine sehr anregende und interessante Unterhaltung. Eigentlich hätte mich das Designer-Thema noch mehr interessiert, aber wir kamen nicht mehr drauf.
Ich lese an einem schattigen Platz im Biergarten das Coelho-Buch weiter bis Seite 100. Um 17.30 Uhr endlich schleppe ich mich wie auf rohen Erbsen die letzten 1,5 km geradeaus nach Siebnach. Da meine Arme schon feuerrot sind laufe ich sogar langärmig und die Leute kucken ein wenig doof, da es doch sehr sehr heiß noch ist.
Die Kirche interessiert mich nicht mehr. Ich will sofort zur Gaststätte. Finde sie gleich. Zimmer sind frei! Hurra! Gut ausgestattet! Prima! Irgendwie der Wahnsinn! Dieses ständige auf und ab. Achterbahn pur. Man genießt so viele Kleinigkeiten.
Ich esse ein leckeres Wiener Schnitzel, dusche und habe auch meinen ersten Waschtag. Eine Wäschespinne im Hinterhof ließ mir keine Wahl. Wann so was da ist, muss man es ausnutzen. Anders funktioniert es hier wohl nicht.
Der absolute Knaller ist jetzt, dass ich einen Fernseher am Zimmer habe und Dienstag Abend ist. Ich kucke mir tatsächlich auf dem Jakobsweg meine Lieblingssendung auf VOX die „Gilmore Girls“ an. Wirklich purer Luxus *lach*. Das Ganze passt aber schon nicht so ganz zusammen. Als ich ausschalte, fühle ich mich wieder wie in eine andere Welt zurück versetzt. Ein heftiger Spagat.
Ich habe die ersten kleinen Blasen und mein Hüftgestell eiert schmerzhaft und unsynchron. Hoffentlich kann ich morgen früh laufen. Es ist 22:25 Uhr, schön müde falle ich ins Bett. Gute Nacht!
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Donnerstag, 28. Juni 2007
Tag1-Mo.: Von Augsburg/Göggingen nach Reinhartshofen
chriss_am_weg, 22:01h
Nachdem ich schon mal um 3:00 Uhr wach war und über so manches nachdachte, habe ich beim "offiziellen" Wachwerden alles gut verdaut.
Ich war ein Tag früher in Augsburg angereist und hatte mich von Ally in Reiki II einweihen lassen. Der Vorgang ging eher unspektakulär über die Bühne. Mal sehen wie ich in den kommenden Tagen und Wochen damit umgehen werde.
Ca. 8:20 Uhr bin ich der Erste im Frühstücksraum. Ich höre über das Radio, dass großes Stadtfest in Augsburg ist am Wochenende, "MAX 07". Ich entscheide mich den noch freien Samstag nach der Tour dann wieder dort -quasi am Startpunkt- zu Verbringen. Ich will gleich das Zimmer buchen. Leider alles schon belegt. Ich lasse noch ein Startfoto vorm Hotel von mir machen und los geht´s.
Bis zum offiziellen Start von der Erlöserkirche in Göggingen sind es ca. 5 km. Ich fahre die erste Station bis zum Rathausvorplatz. Eine Speicherkarte für die Digicam bekomme ich leider nicht mehr. "Nicht um diese Zeit", sagt eine Frau!? "Die machen alle erst um 9:30 Uhr auf!". Und ich dachte Fulda mit 9:00 Uhr-Startzeit wäre schon spät.
Überall begegnen mir die Leute wunderbar offen und wünschen mir alles Gute für den Weg. Auch im Bus zum Startpunkt in Göggingen hilft man mir noch weiter. Dort im Bus setzt sich eine streng riechende übergewichtige geistig-blockierte (sagt man das so?) Frau neben mich. Sie holt ein Kleinkindcomic-Taschenbuch raus und blättert von vorne nach hinten im Eiltempo jede Seite durch. Die beiden Frauen uns gegenüber sind auch sichtlich verwirrt. "Jo, woas is jetz dees?", fragt die eine. Ich zucke vorsichtig und unauffällig mit den Achseln.
Als sie am Ende angekommen ist, fängt sie wieder von vorne an. Mir kommt der Gedanke, dass sie sich als lesend ausgebend will. Vielleicht um angenommen zu werden. Dass wir damit wenig anfangen können was sie tut, weiß sie vermutlich gar nicht.
Ich steige bei der Erlöserkirche aus und über die Straße gehend sehe ich den Pfad wo es wohl losgeht.
Da! Endlich die erste Jakobsmuschel! Ich bin goldrichtig und hin und weg. Ein traumhaft schöner Anblick tut sich mir auf. Eine weite offene Landschaft entlang der Wertach mit breitem Kiesbett und vielen Bäumen öffnet mir förmlich das Herz und lässt mich mit bester Laune starten.
Ich komme das lang gezogene erste Stück sehr gut voran und genieße die Natur. Alle möglichen Gedanken kommen kurz und gehen wieder. In der rechten Hosentasche spiele ich dauernd mit einem Schlüssel umher. Was ist das überhaupt für einer? Ich hatte doch alle zu Hause gelassen. „Oh nein!“. Der Hotelschlüssel von Augsburg. Mist! Trotzdem lache ich mich kaputt. Ally muss mir helfen. Ich muss ihn im nächsten Ort Bobingen irgendwo hinterlegen. Wird schon gehen. Lustige Geschichte irgendwie.
Also immer erstmal der Wertach entlang. Ich laufe und laufe und laufe. Ich komme mit einem Ehepaar ins Gespräch, dass mit dem Fahrrad unterwegs ist. Es macht mich darauf aufmerksam, dass ich schon zu weit bin. Ich will nach Bobingen und den Schlüssel irgendwo loswerden und Ally nachher anrufen und sie bitten ihn zurückzubringen.
Ich brauche aber zu allererst einen Supermarkt. Ich bin K.O. und will mein Wohlbefinden einigermaßen wieder herstellen. Verschiedene nette Leute schicken mich in sämtliche Himmelsrichtungen. Ich bin stocksauer und mir bewusst, dass ich einen großen Umweg laufe. Ich bin stocksauer auf mich selbst. Nur weil ich wieder mal gedankenabwesend und nicht bei der Sache war muss ich jetzt leiden.
Nach einiger Zeit finde ich den Supermarkt in Bobingen-Siedlung. Es ist wie eine Erlösung. Ich bin noch nie so glücklich in einen Supermarkt hinspaziert. Ich kaufe zwei belegte Brötchen, zwei Bananen, eine Birne, ein Kitkat, ein „Active O2“-Getränk und zum Aufpäppeln einen Energiedrink. Auch weil die angebotenen Wasserflaschen nicht in meine Rucksackaußentasche passen.
Es ist 12:00 Uhr als ich auf einer Bank mich stärke. Wahnsinn, wie schnell man wieder fit ist. Ich lasse den Zimmerschlüssel in der dortigen Apotheke und informiere Ally später. Sie kümmert sich drum. Fein! Ich finde wieder auf den Jakobsweg, verpasse aber durch meinen Umweg den Grillplatz und das Grab von Roy Black.
Glücklich wieder am Weg zu sein lasse ich die letzten 5-Tages-Km gemächlich angehen.
Ich plaudere noch mit einer netten Frau mit Pudel über den Weg und dessen Hundetraining, was heute Abend wieder ansteht. Hürdensprünge über eine Parcours muss der Kleine meistern mit dem ich mich von Anfang an blendend verstehe. Ich laufe und laufe und laufe.
Die Knie tun weh und ich komme scheinbar überhaupt nicht mehr an. Ich ziehe noch mal das Tempo an. Und komme trotzdem nicht an. Im wieder neue verzweigte Waldweg. Ich laufe wieder normal.
Irgendwann gegen 14:00 Uhr erreiche ich einen Ort. Immer die Ungewissheit. Ist das auch der richtige? Reinhartshofen? Ja. Super! Ich bin glücklich und fix und fertig.
An der Dorfkneipe erfahre ich, dass kein Zimmer mehr frei ist. Na toll! Es gibt wohl auch kein anderes Übernachtsangebot im Ort.
Ich werde preisgünstig beim Nachbarn untergebracht. Ich dachte, ich hätte ein neues besonderes Verhältnis zu Hunden im allgemeinen nun aufgebaut, da gerate ich an diesen. Der Hund der Nachbarsleute, wo ich schlafen soll. Er bellt mich unentwegt an. Die Frau dort sagt, dass das äußerst ungewöhnlich sei. Er wäre aber noch jung.
Die fehlende Infrastruktur enttäuscht mich. Es ist ein einfaches Leben hier. Ein Bub bestätigt mir aber, dass er auch eine 2.000er-DSL-Leitung hat. Wie ich zu Hause. Na dann…
Ich verbleibe am Abend dort im Biergarten der Gastwirtschaft und wir führen tiefe Gespräche. Ich bin verblüfft. Uns verbinden sehr ähnliche persönliche Geschichten.
Auch fange ich zwischendurch an Paulo Coelhos Buch „Am Ufer des Rio Riedra saß ich und weinte“ zu lesen. Wir tauschen am Morgen nach dem Frühstück Adressen, ich schreibe ins Gastbuch und bin noch ein wenig müde als ich mich wieder auf den Weg mache, weil ich von drei bis fünf Uhr wieder wach lag und mir all die Gespräche noch mal durch den Kopf gingen.
Ich war ein Tag früher in Augsburg angereist und hatte mich von Ally in Reiki II einweihen lassen. Der Vorgang ging eher unspektakulär über die Bühne. Mal sehen wie ich in den kommenden Tagen und Wochen damit umgehen werde.
Ca. 8:20 Uhr bin ich der Erste im Frühstücksraum. Ich höre über das Radio, dass großes Stadtfest in Augsburg ist am Wochenende, "MAX 07". Ich entscheide mich den noch freien Samstag nach der Tour dann wieder dort -quasi am Startpunkt- zu Verbringen. Ich will gleich das Zimmer buchen. Leider alles schon belegt. Ich lasse noch ein Startfoto vorm Hotel von mir machen und los geht´s.
Bis zum offiziellen Start von der Erlöserkirche in Göggingen sind es ca. 5 km. Ich fahre die erste Station bis zum Rathausvorplatz. Eine Speicherkarte für die Digicam bekomme ich leider nicht mehr. "Nicht um diese Zeit", sagt eine Frau!? "Die machen alle erst um 9:30 Uhr auf!". Und ich dachte Fulda mit 9:00 Uhr-Startzeit wäre schon spät.
Überall begegnen mir die Leute wunderbar offen und wünschen mir alles Gute für den Weg. Auch im Bus zum Startpunkt in Göggingen hilft man mir noch weiter. Dort im Bus setzt sich eine streng riechende übergewichtige geistig-blockierte (sagt man das so?) Frau neben mich. Sie holt ein Kleinkindcomic-Taschenbuch raus und blättert von vorne nach hinten im Eiltempo jede Seite durch. Die beiden Frauen uns gegenüber sind auch sichtlich verwirrt. "Jo, woas is jetz dees?", fragt die eine. Ich zucke vorsichtig und unauffällig mit den Achseln.
Als sie am Ende angekommen ist, fängt sie wieder von vorne an. Mir kommt der Gedanke, dass sie sich als lesend ausgebend will. Vielleicht um angenommen zu werden. Dass wir damit wenig anfangen können was sie tut, weiß sie vermutlich gar nicht.
Ich steige bei der Erlöserkirche aus und über die Straße gehend sehe ich den Pfad wo es wohl losgeht.
Da! Endlich die erste Jakobsmuschel! Ich bin goldrichtig und hin und weg. Ein traumhaft schöner Anblick tut sich mir auf. Eine weite offene Landschaft entlang der Wertach mit breitem Kiesbett und vielen Bäumen öffnet mir förmlich das Herz und lässt mich mit bester Laune starten.
Ich komme das lang gezogene erste Stück sehr gut voran und genieße die Natur. Alle möglichen Gedanken kommen kurz und gehen wieder. In der rechten Hosentasche spiele ich dauernd mit einem Schlüssel umher. Was ist das überhaupt für einer? Ich hatte doch alle zu Hause gelassen. „Oh nein!“. Der Hotelschlüssel von Augsburg. Mist! Trotzdem lache ich mich kaputt. Ally muss mir helfen. Ich muss ihn im nächsten Ort Bobingen irgendwo hinterlegen. Wird schon gehen. Lustige Geschichte irgendwie.
Also immer erstmal der Wertach entlang. Ich laufe und laufe und laufe. Ich komme mit einem Ehepaar ins Gespräch, dass mit dem Fahrrad unterwegs ist. Es macht mich darauf aufmerksam, dass ich schon zu weit bin. Ich will nach Bobingen und den Schlüssel irgendwo loswerden und Ally nachher anrufen und sie bitten ihn zurückzubringen.
Ich brauche aber zu allererst einen Supermarkt. Ich bin K.O. und will mein Wohlbefinden einigermaßen wieder herstellen. Verschiedene nette Leute schicken mich in sämtliche Himmelsrichtungen. Ich bin stocksauer und mir bewusst, dass ich einen großen Umweg laufe. Ich bin stocksauer auf mich selbst. Nur weil ich wieder mal gedankenabwesend und nicht bei der Sache war muss ich jetzt leiden.
Nach einiger Zeit finde ich den Supermarkt in Bobingen-Siedlung. Es ist wie eine Erlösung. Ich bin noch nie so glücklich in einen Supermarkt hinspaziert. Ich kaufe zwei belegte Brötchen, zwei Bananen, eine Birne, ein Kitkat, ein „Active O2“-Getränk und zum Aufpäppeln einen Energiedrink. Auch weil die angebotenen Wasserflaschen nicht in meine Rucksackaußentasche passen.
Es ist 12:00 Uhr als ich auf einer Bank mich stärke. Wahnsinn, wie schnell man wieder fit ist. Ich lasse den Zimmerschlüssel in der dortigen Apotheke und informiere Ally später. Sie kümmert sich drum. Fein! Ich finde wieder auf den Jakobsweg, verpasse aber durch meinen Umweg den Grillplatz und das Grab von Roy Black.
Glücklich wieder am Weg zu sein lasse ich die letzten 5-Tages-Km gemächlich angehen.
Ich plaudere noch mit einer netten Frau mit Pudel über den Weg und dessen Hundetraining, was heute Abend wieder ansteht. Hürdensprünge über eine Parcours muss der Kleine meistern mit dem ich mich von Anfang an blendend verstehe. Ich laufe und laufe und laufe.
Die Knie tun weh und ich komme scheinbar überhaupt nicht mehr an. Ich ziehe noch mal das Tempo an. Und komme trotzdem nicht an. Im wieder neue verzweigte Waldweg. Ich laufe wieder normal.
Irgendwann gegen 14:00 Uhr erreiche ich einen Ort. Immer die Ungewissheit. Ist das auch der richtige? Reinhartshofen? Ja. Super! Ich bin glücklich und fix und fertig.
An der Dorfkneipe erfahre ich, dass kein Zimmer mehr frei ist. Na toll! Es gibt wohl auch kein anderes Übernachtsangebot im Ort.
Ich werde preisgünstig beim Nachbarn untergebracht. Ich dachte, ich hätte ein neues besonderes Verhältnis zu Hunden im allgemeinen nun aufgebaut, da gerate ich an diesen. Der Hund der Nachbarsleute, wo ich schlafen soll. Er bellt mich unentwegt an. Die Frau dort sagt, dass das äußerst ungewöhnlich sei. Er wäre aber noch jung.
Die fehlende Infrastruktur enttäuscht mich. Es ist ein einfaches Leben hier. Ein Bub bestätigt mir aber, dass er auch eine 2.000er-DSL-Leitung hat. Wie ich zu Hause. Na dann…
Ich verbleibe am Abend dort im Biergarten der Gastwirtschaft und wir führen tiefe Gespräche. Ich bin verblüfft. Uns verbinden sehr ähnliche persönliche Geschichten.
Auch fange ich zwischendurch an Paulo Coelhos Buch „Am Ufer des Rio Riedra saß ich und weinte“ zu lesen. Wir tauschen am Morgen nach dem Frühstück Adressen, ich schreibe ins Gastbuch und bin noch ein wenig müde als ich mich wieder auf den Weg mache, weil ich von drei bis fünf Uhr wieder wach lag und mir all die Gespräche noch mal durch den Kopf gingen.
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Auf dem Jakobsweg
chriss_am_weg, 17:41h
Hallo!
Mein Name ist Christian. Ich bin Anfang 30 und wohne in der Nähe von Fulda.
Letzte Woche bin ich zum Reinschnuppern mal für 5 Tage im bayerischen Schwaben (von Augsburg nach Bad Grönenbach) den Jakbosweg gelaufen.
Ich hatte vor ca. 4 Wochen das Buch von Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" fertiggelesen und wollte möglichst schnell selber die Erfahrung machen, wenn auch nur im kleinen Stil und abgespeckerter Version.
Auf die Schnelle war mir der Weg nach Spanien zu weit. Außerdem ging es mir hauptsächlich ums Pilgern selber. Also warum nicht ins Allgäu? Da war ich doch noch nie vorher.
Im Internet (http://www.jakobuspilgergemeinschaft-augsburg.de/index.html) fand ich mehrere Routenvorschläge, wobei ich die Ostroute von Augsburg aus wählte.
Im Folgenden lest ihr dann hier also meine Tagesberichte.
Viel Spass dabei!
:)
Kommentare sind natürlich erwünscht!
Mein Name ist Christian. Ich bin Anfang 30 und wohne in der Nähe von Fulda.
Letzte Woche bin ich zum Reinschnuppern mal für 5 Tage im bayerischen Schwaben (von Augsburg nach Bad Grönenbach) den Jakbosweg gelaufen.
Ich hatte vor ca. 4 Wochen das Buch von Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" fertiggelesen und wollte möglichst schnell selber die Erfahrung machen, wenn auch nur im kleinen Stil und abgespeckerter Version.
Auf die Schnelle war mir der Weg nach Spanien zu weit. Außerdem ging es mir hauptsächlich ums Pilgern selber. Also warum nicht ins Allgäu? Da war ich doch noch nie vorher.
Im Internet (http://www.jakobuspilgergemeinschaft-augsburg.de/index.html) fand ich mehrere Routenvorschläge, wobei ich die Ostroute von Augsburg aus wählte.
Im Folgenden lest ihr dann hier also meine Tagesberichte.
Viel Spass dabei!
:)
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