Freitag, 29. Juni 2007
Tag2-Di.: Reinhartshofen - Siebnach
Kurz nach 9:00 Uhr nach dem Frühstück und einem kurzen Abschliedsplausch mit der Wirtin breche ich auf.

Ich denke zunächst es wird kühler als gestern (ca. 25° C), merke aber bald, dass es noch heißer wird. Früh bin ich schon geschwitzt und merke, dass es ein harter Tag werden könnte. Die Knie tun weh, die Füsse eiern und der Muskelkater ist überall in den Beinen bemerkbar.

Ich gebe Gas und will möglichst lange das Tempo durchhalten. Zur Mittagszeit in der grellen Sonne will ich 2/3 des 20km-Tagespensum geschafft haben, irgendwo ordentlich zu Mittag essen und erst am späten Nachmittag dann weiter.

Alle Orte, die ich durchquere sind klein und ähnlich. Es geht bergauf und bergab. Ich durchlaufe Klimmach, Birkach, Hipoldsberg und erreiche endlich Konradshofen. Hatte schon gehört, dass es ein größerer Ort mal wieder ist. Endlich. Irgendwas mal wieder, wo man das Notwendigste kaufen kann. Das ist mehr als ungewöhnlich hier am Weg. In den kleinen Orten gibt es nämlich rein gar nichts. Und das ist furchtbar frustrierend.

Meine Kamera brauchte jetzt auch dringend mal einen neuen Speicherstick, damit ich weiter Bilder machen kann. Ich probiere es mal mit einer Bestellung beim Universum. Bei Hape und Bärbel Mohr klappt das doch auch andauernd. Ich wünsche mir also ein Elektrogeschäft.

Ich laufe noch einige Meter und siehe da…. Ich frage in Konradshofen angekommen nach so einem und sie weisen mir den Weg dorthin. Das Geschäft liegt sogar direkt auf meiner Strecke. Wunderbar!

Ich gehe rein und verlange einen SD-Stick. „Oh, so was haben wir nicht vorrätig. Ich könnte bis morgen einen besorgen.“ Na toll! Warum wünsche ich mir auch ein E-Shop anstatt gleich einen Stick!?

10 km habe ich jetzt ungefähr. Es ist die Hälfte. Und es ist hier ein größerer Ort. Theoretisch sollte ich das ausnutzen um vernünftig zu Mittag zu essen. Aber da es zu heiß ist, muss ich umplanen. Ich will möglichst viel Wegstrecke hinter mir haben, wenn ich Mittag mache.

Jetzt wird es hart. Richtig hart. Ein Örtchen nach dem nächsten kommt, hat aber nichts groß zu bieten. Die Sonne brennt immer mehr und ich konzentriere mich auf meinen inneren Motor. Nur vorwärts. Ich eiere. Schwitze. Waldwege sind heute selten. Merke wie meine empfliche Haut immer roter wird. Pausiere nun immer mal kurz. Zwei- bis dreimal immer so 5-10 Minuten.

Ich bin erschöpft. Aber in 5 Minuten Pause fließt erstaunlich viel neue Energie in den Körper und es geht mühsam weiter. Die Sonne ist unerbittlich. Endlich sehe ich nach einer Pause in der Kapelle der Heiligen Familie wieder ein einem Waldstück entgegen.

Ups. Dort steht mitten auf dem Weg am Waldeingang in 50 Meter Entfernung ein Fuchs und blickt zu mir runter. Tun die was? Ist Tollwutgefahr? Ich laufe weiter. Er dreht sich cool um und hoppelt links ins hohe Gebüsch.
Mir ist nicht einerlei. Ich nehme einen festen Stock vorsichtshalber mit als ich in den Wald hineinlaufe und passiere höchst aufmerksam die Stelle, wo er verschwand. Er passiert nichts. Gut. Nach einigen Meter werfe ich den Stock wieder beiseite.

Später überquert auch ein scheues Reh meine Bahn, kuckt mich an und verschwindet fluchs wieder. Die kleinen Käffer nerven mich ohne Ende. Kann man sich nicht mal mehr auf die Zielankünfte freuen, sondern muss bangen, ob Zimmer überhaupt da sind und man was ordentliches zu Essen bekommt. Bah….! Ich bin mega genervt. Schraube meine Erwartungen auf ein Minimum zurück.

Im Endeffekt sind einfach nur Ruhe und Wasser ein sehr hohes Gut hier geworden. Und wenn ich das heute bekomme bin ich auch irgendwie zufrieden. Im Ernst. Ich bin gequälter als es sich hier vielleicht anhört.

Da ich nichts finde, beiße ich jetzt auf die Zähne und will komplett durchlaufen, da entdecke ich 1,5 km vor dem Zielort in Kirchsiebnach einen Biergarten.
Pures Glück. Wie aus dem Nichts.
Und hier gibt´s sogar Schatten und warme Gerichte. Wunderbar. Ein absoluter Traum. Gegen 13.30 Uhr führe ich mir sehr genussvoll einen Strammen Max, Salatteller und Bluna zu. Ich kann nicht immer nur Wasser trinken.

Nur 1,5 km bis zum Ziel und hier gibt´s einfach alles. Wer weiß was am Zielort mich erwartet. Ich bleibe solange wie möglich hier. Zwischenzeitlich überlege ich sogar dort zu übernachten, um kein Risiko einzugehen. Doch ich bekomme die Auskunft, dass leider alles belegt ist. Mist! Wäre ja zu schön gewesen.

Irgendwie gerät man hier ständig vom Himmel zur Hölle und zurück. Wenn man was erwartet kommt es garantiert nicht. Dann, wenn man am völlig am Boden ist, ist immer was da was einem wieder aufbaut. Es ist seltsam.

Ich verweile trotzdem noch weiter dort. Ich bin zu fertig und die Sonne brennt unvermindert heftig. Eine Männerfahrradgruppe am Nebentisch kommt mit mir ins Gespräch. Oberflächlich.
Dann komme ich mit einem „Künstler“ zusammen. Er macht vom Helikopter Großbildaufnahmen aus der Luft von verschiedenen Grundstücken und Orten. Außerdem ist er Designer und wie ich leicht spirituell veranlagt.

Als wir uns begrüßten, sagte er müsse wieder an die Arbeit. Trotzdem unterhalten wir uns gute 30 Minuten und tauschen auch Adressen aus. Eine sehr anregende und interessante Unterhaltung. Eigentlich hätte mich das Designer-Thema noch mehr interessiert, aber wir kamen nicht mehr drauf.

Ich lese an einem schattigen Platz im Biergarten das Coelho-Buch weiter bis Seite 100. Um 17.30 Uhr endlich schleppe ich mich wie auf rohen Erbsen die letzten 1,5 km geradeaus nach Siebnach. Da meine Arme schon feuerrot sind laufe ich sogar langärmig und die Leute kucken ein wenig doof, da es doch sehr sehr heiß noch ist.

Die Kirche interessiert mich nicht mehr. Ich will sofort zur Gaststätte. Finde sie gleich. Zimmer sind frei! Hurra! Gut ausgestattet! Prima! Irgendwie der Wahnsinn! Dieses ständige auf und ab. Achterbahn pur. Man genießt so viele Kleinigkeiten.

Ich esse ein leckeres Wiener Schnitzel, dusche und habe auch meinen ersten Waschtag. Eine Wäschespinne im Hinterhof ließ mir keine Wahl. Wann so was da ist, muss man es ausnutzen. Anders funktioniert es hier wohl nicht.
Der absolute Knaller ist jetzt, dass ich einen Fernseher am Zimmer habe und Dienstag Abend ist. Ich kucke mir tatsächlich auf dem Jakobsweg meine Lieblingssendung auf VOX die „Gilmore Girls“ an. Wirklich purer Luxus *lach*. Das Ganze passt aber schon nicht so ganz zusammen. Als ich ausschalte, fühle ich mich wieder wie in eine andere Welt zurück versetzt. Ein heftiger Spagat.

Ich habe die ersten kleinen Blasen und mein Hüftgestell eiert schmerzhaft und unsynchron. Hoffentlich kann ich morgen früh laufen. Es ist 22:25 Uhr, schön müde falle ich ins Bett. Gute Nacht!

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