Donnerstag, 28. Juni 2007
Tag1-Mo.: Von Augsburg/Göggingen nach Reinhartshofen
Nachdem ich schon mal um 3:00 Uhr wach war und über so manches nachdachte, habe ich beim "offiziellen" Wachwerden alles gut verdaut.
Ich war ein Tag früher in Augsburg angereist und hatte mich von Ally in Reiki II einweihen lassen. Der Vorgang ging eher unspektakulär über die Bühne. Mal sehen wie ich in den kommenden Tagen und Wochen damit umgehen werde.

Ca. 8:20 Uhr bin ich der Erste im Frühstücksraum. Ich höre über das Radio, dass großes Stadtfest in Augsburg ist am Wochenende, "MAX 07". Ich entscheide mich den noch freien Samstag nach der Tour dann wieder dort -quasi am Startpunkt- zu Verbringen. Ich will gleich das Zimmer buchen. Leider alles schon belegt. Ich lasse noch ein Startfoto vorm Hotel von mir machen und los geht´s.

Bis zum offiziellen Start von der Erlöserkirche in Göggingen sind es ca. 5 km. Ich fahre die erste Station bis zum Rathausvorplatz. Eine Speicherkarte für die Digicam bekomme ich leider nicht mehr. "Nicht um diese Zeit", sagt eine Frau!? "Die machen alle erst um 9:30 Uhr auf!". Und ich dachte Fulda mit 9:00 Uhr-Startzeit wäre schon spät.

Überall begegnen mir die Leute wunderbar offen und wünschen mir alles Gute für den Weg. Auch im Bus zum Startpunkt in Göggingen hilft man mir noch weiter. Dort im Bus setzt sich eine streng riechende übergewichtige geistig-blockierte (sagt man das so?) Frau neben mich. Sie holt ein Kleinkindcomic-Taschenbuch raus und blättert von vorne nach hinten im Eiltempo jede Seite durch. Die beiden Frauen uns gegenüber sind auch sichtlich verwirrt. "Jo, woas is jetz dees?", fragt die eine. Ich zucke vorsichtig und unauffällig mit den Achseln.
Als sie am Ende angekommen ist, fängt sie wieder von vorne an. Mir kommt der Gedanke, dass sie sich als lesend ausgebend will. Vielleicht um angenommen zu werden. Dass wir damit wenig anfangen können was sie tut, weiß sie vermutlich gar nicht.

Ich steige bei der Erlöserkirche aus und über die Straße gehend sehe ich den Pfad wo es wohl losgeht.

Da! Endlich die erste Jakobsmuschel! Ich bin goldrichtig und hin und weg. Ein traumhaft schöner Anblick tut sich mir auf. Eine weite offene Landschaft entlang der Wertach mit breitem Kiesbett und vielen Bäumen öffnet mir förmlich das Herz und lässt mich mit bester Laune starten.

Ich komme das lang gezogene erste Stück sehr gut voran und genieße die Natur. Alle möglichen Gedanken kommen kurz und gehen wieder. In der rechten Hosentasche spiele ich dauernd mit einem Schlüssel umher. Was ist das überhaupt für einer? Ich hatte doch alle zu Hause gelassen. „Oh nein!“. Der Hotelschlüssel von Augsburg. Mist! Trotzdem lache ich mich kaputt. Ally muss mir helfen. Ich muss ihn im nächsten Ort Bobingen irgendwo hinterlegen. Wird schon gehen. Lustige Geschichte irgendwie.

Also immer erstmal der Wertach entlang. Ich laufe und laufe und laufe. Ich komme mit einem Ehepaar ins Gespräch, dass mit dem Fahrrad unterwegs ist. Es macht mich darauf aufmerksam, dass ich schon zu weit bin. Ich will nach Bobingen und den Schlüssel irgendwo loswerden und Ally nachher anrufen und sie bitten ihn zurückzubringen.

Ich brauche aber zu allererst einen Supermarkt. Ich bin K.O. und will mein Wohlbefinden einigermaßen wieder herstellen. Verschiedene nette Leute schicken mich in sämtliche Himmelsrichtungen. Ich bin stocksauer und mir bewusst, dass ich einen großen Umweg laufe. Ich bin stocksauer auf mich selbst. Nur weil ich wieder mal gedankenabwesend und nicht bei der Sache war muss ich jetzt leiden.

Nach einiger Zeit finde ich den Supermarkt in Bobingen-Siedlung. Es ist wie eine Erlösung. Ich bin noch nie so glücklich in einen Supermarkt hinspaziert. Ich kaufe zwei belegte Brötchen, zwei Bananen, eine Birne, ein Kitkat, ein „Active O2“-Getränk und zum Aufpäppeln einen Energiedrink. Auch weil die angebotenen Wasserflaschen nicht in meine Rucksackaußentasche passen.

Es ist 12:00 Uhr als ich auf einer Bank mich stärke. Wahnsinn, wie schnell man wieder fit ist. Ich lasse den Zimmerschlüssel in der dortigen Apotheke und informiere Ally später. Sie kümmert sich drum. Fein! Ich finde wieder auf den Jakobsweg, verpasse aber durch meinen Umweg den Grillplatz und das Grab von Roy Black.
Glücklich wieder am Weg zu sein lasse ich die letzten 5-Tages-Km gemächlich angehen.

Ich plaudere noch mit einer netten Frau mit Pudel über den Weg und dessen Hundetraining, was heute Abend wieder ansteht. Hürdensprünge über eine Parcours muss der Kleine meistern mit dem ich mich von Anfang an blendend verstehe. Ich laufe und laufe und laufe.

Die Knie tun weh und ich komme scheinbar überhaupt nicht mehr an. Ich ziehe noch mal das Tempo an. Und komme trotzdem nicht an. Im wieder neue verzweigte Waldweg. Ich laufe wieder normal.

Irgendwann gegen 14:00 Uhr erreiche ich einen Ort. Immer die Ungewissheit. Ist das auch der richtige? Reinhartshofen? Ja. Super! Ich bin glücklich und fix und fertig.
An der Dorfkneipe erfahre ich, dass kein Zimmer mehr frei ist. Na toll! Es gibt wohl auch kein anderes Übernachtsangebot im Ort.

Ich werde preisgünstig beim Nachbarn untergebracht. Ich dachte, ich hätte ein neues besonderes Verhältnis zu Hunden im allgemeinen nun aufgebaut, da gerate ich an diesen. Der Hund der Nachbarsleute, wo ich schlafen soll. Er bellt mich unentwegt an. Die Frau dort sagt, dass das äußerst ungewöhnlich sei. Er wäre aber noch jung.

Die fehlende Infrastruktur enttäuscht mich. Es ist ein einfaches Leben hier. Ein Bub bestätigt mir aber, dass er auch eine 2.000er-DSL-Leitung hat. Wie ich zu Hause. Na dann…
Ich verbleibe am Abend dort im Biergarten der Gastwirtschaft und wir führen tiefe Gespräche. Ich bin verblüfft. Uns verbinden sehr ähnliche persönliche Geschichten.

Auch fange ich zwischendurch an Paulo Coelhos Buch „Am Ufer des Rio Riedra saß ich und weinte“ zu lesen. Wir tauschen am Morgen nach dem Frühstück Adressen, ich schreibe ins Gastbuch und bin noch ein wenig müde als ich mich wieder auf den Weg mache, weil ich von drei bis fünf Uhr wieder wach lag und mir all die Gespräche noch mal durch den Kopf gingen.

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Warum macht man sowas?
Die Frage sollte ich vielleicht noch vorher versuchen zu beantworten. Vor ein paar Monaten hätte ich nicht gedacht, dass ich sowas mal mache. Hape hat mich wirklich infiziert.

Ich glaube es ist schon eine spezielle Erfahrung, den ganzen Tag -laufend- mit sich selber zu verbringen. Zumindest wenn man sowas noch nicht gemacht hat.

Mir ging es -glaube ich- hauptsächlich um mehr Klarheit in mir. Nebenaspekt war die Wanderung in der Natur. Sowas kann ja nur großen erholsamen Charakter haben. Man kommt eben mal richtig aus dem Alltag raus und beschäftigt sich dazu noch mit den Gedanken, die einem wichtig sind.

Was kann man eigentlich besseres für sich selber tun?

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Auf dem Jakobsweg
Hallo!

Mein Name ist Christian. Ich bin Anfang 30 und wohne in der Nähe von Fulda.

Letzte Woche bin ich zum Reinschnuppern mal für 5 Tage im bayerischen Schwaben (von Augsburg nach Bad Grönenbach) den Jakbosweg gelaufen.

Ich hatte vor ca. 4 Wochen das Buch von Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" fertiggelesen und wollte möglichst schnell selber die Erfahrung machen, wenn auch nur im kleinen Stil und abgespeckerter Version.

Auf die Schnelle war mir der Weg nach Spanien zu weit. Außerdem ging es mir hauptsächlich ums Pilgern selber. Also warum nicht ins Allgäu? Da war ich doch noch nie vorher.

Im Internet (http://www.jakobuspilgergemeinschaft-augsburg.de/index.html) fand ich mehrere Routenvorschläge, wobei ich die Ostroute von Augsburg aus wählte.

Im Folgenden lest ihr dann hier also meine Tagesberichte.

Viel Spass dabei!
:)

Kommentare sind natürlich erwünscht!

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